piwik no script img

EU will Katastrophe in Bosnien verhindern

■ Konfliktparteien zu neuem Genfer Sondertreffen eingeladen / Kinkel: Deutsch-französischer Plan „fast letzter Versuch, zu einer Lösung zu kommen“

Luxemburg (dpa/taz) – Die Außenminister der Europäischen Union (EU) haben alle Bürgerkriegsparteien in Bosnien-Herzegowina für den kommenden Montag zu einer Neuauflage der Genfer Verhandlungen eingeladen. Grundlage des Beschlusses, den die Außenminister gestern im Rahmen ihrer Luxemburger Tagung fällten, ist eine Initiative des deutschen Außenministers Klaus Kinkel und seines französischen Kollegen Alain Juppé. Danach wird der restjugoslawischen Republik Serbien die schrittweise Aussetzung der UNO-Sanktionen angeboten, wenn diese wiederum die bosnischen Serben dazu bringt, drei bis vier Prozent der von ihnen gehaltenen Gebiete in der Bürgerkriegsrepublik an die bosnischen Muslime abzutreten.

Bundesaußenminister Kinkel ging am Rande der Luxemburger Tagung davon aus, daß die Bürgerkriegsparteien die Einladung nach Genf annehmen. Außerdem erwarte er neben den zwölf EU-Außenministern auch die Vertreter der USA und Rußlands am Schweizer Verhandlungstisch. Kinkel machte allerdings auch kein Hehl daraus, daß die USA „Vorbehalte“ gegen die Aussetzung der Sanktionen haben. Allerdings habe Washington auch keine Alternative vorgeschlagen. Der politische Direktor des Auswärtigen Amtes, Jürgen Chrobog, flog anschließend direkt zu Beratungen nach Washington. Umstritten war in Luxemburg auch der Einsatz militärischer Gewalt zum Schutz der Hilfskonvois. Falls die örtlichen Befehlshaber der Bürgerkriegsparteien der in Genf angestrebten Einigung zustimmen, sollen zumindest Übergriffe einzelner marodierender Banden oder Truppenteile abgewehrt werden. Darüber seien sich die EU-Außenminister grundsätzlich einig, erklärte der belgische Außenminister und Ratsvorsitzende Willy Claes.

Laut Kinkel hat vor allem Großbritannien Bedenken gegen ein solches Vorgehen. Frankreich und die Niederlande seien dagegen zum Einsatz von begrenzter Gewalt bereit. Auf keinen Fall sollen die humanitären Transportwege gegen den Widerstand größerer militärischer Verbände freigeschossen werden, sagten Diplomaten. Kinkel fügte hinzu, die neue Initiative sei ein „sehr, sehr ernst gemeinter, fast letzter Versuch, zu einer Lösung zu kommen“.

Eine kleine Gruppe von Demonstranten hatte die europäischen Minister am Morgen mit Pfiffen und dem Ruf „„Faschisten, Faschisten!“ empfangen. Einige hielten Protestplakate mit Aufschriften wie „Die EG tötet Bosnien“, „Dr. Owen ist Dr. Tod“ und „Frankreich und Deutschland sind die Gottväter von Groß-Serbien“ hoch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen