EU erwägt CBD-Verbot: Cannabisbranche droht Dämpfer
Die EU-Kommision erwägt ein Verbot des rauschfreien Cannabis-Wirkstoffs Cannabidiol. Das könnte eine aufkeimende Branche zerstören.
Die EU-Kommission könnte der boomenden Branche jedoch bald ein jähes Ende setzen. CBD-Produkte sind bisher in einer rechtlichen Grauzone als Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel vertrieben worden. Seit Frühjahr 2019 läuft ein Neubewertungsverfahren, das zur vorläufigen Ansicht gelangt ist, dass CBD als Extrakt von Cannabis als Suchtstoff klassifiziert werden muss und damit nicht als Lebensmittel zugelassen werden kann. Eine abschließende Entscheidung soll Ende des Jahres fallen.
Die Einschätzung der Kommission steht dabei in krassem Gegensatz zur Einschätzung der WHO, die für CBD keinerlei Abhängigkeits-, Gefahren- oder Missbrauchspotenzial feststellt. Bis zum Entschluss der Kommission dürfen eigentlich keine CBD-Produkte in der EU vetrieben werden. Das bestätigt auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Tatsächlich hängt die Durchsetzung aber von den regionalen und lokalen Behörden ab, so dass ein Verbot in Deutschland bislang nur in einzelnen Städten Nordrhein-Westfalens durchgesetzt wird.
Ein Verbot von CBD-Produkten wäre nach Ansicht von Jürgen Neumeyer, Sprecher des Lobbyverbands Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW), „katastrophal“ für die deutsche und europäische Hanfwirtschaft. Eine Hochrechnung des Verbands geht für das Jahr 2020 davon aus, dass CBD-Shops immerhin einen Umsatz von mindestens 1,8 Milliarden Euro pro Jahr machen. Drogerien und Landwirtschaft sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Bedrohung für eine florierende Branche
Der noch Anfang des 20. Jahrhunderts weit verbreitete Hanfanbau floriert seit einiger Zeit wieder. So hat sich die Anbaufläche allein in Deutschland nach Angaben des BcVW zwischen 2017 und 2019 von knapp 1.500 auf gut 3.000 Hektar verdoppelt. Das ist wegen der hierzulande strengen Bestimmungen aber noch wenig. Laut dem Lobbyverband European Industrial Hemp Association liegt die Anbaufläche EU-weit mittlerweile bei 50.000 Hektar – und ist doch weit abgeschlagen hinter den Weltmarktführern USA (gut 211.000 Hektar) und China (162.000 Hektar).
Diese Renaissance verdankt der Hanfanbau nicht nur dem CBD, sondern auch seinen ökologischen Eigenschaften. So sei Hanf schnellwüchsig, benötige in den meisten Fällen keine Pflanzenschutzmittel und lockere den Boden auf. „Gerade bei den heute vorhandenen engen Fruchtfolgen wäre Hanf eine wichtige Auflockerung, die zu einer größeren Biodiversität beitragen würde“, so Andreas Muskolus vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Berliner Humboldt-Universität. Eine Ausweitung des Nutzhanfanbaus hat sogar die brandenburgische Regierung in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt.
Auch in der Industrie gewinnt Hanf an Bedeutung. So wird die robuste Hanffaser in der Autoindustrie, etwa in Türen und in Armaturenbrettern, aber auch als umweltfreundliches Dämmmaterial verarbeitet. Das hänge auch mit einem wachsenden Interesse an nachhaltigen Verbundstoffen zusammen, heißt es aus dem Deutschen Institut für Textil- und Faserforschung.
Würde CBD zukünftig als Betäubungsmittel eingestuft werden, wäre der Konsum nur noch über ärztliche Verschreibung möglich. Eine Folge wären steigende Preise für die laut Hanfverband drei Millionen regelmäßigen Konsument*innen, aber auch steigende Einnahmen für die Pharmabranche.
Labor statt Natur
Kommt es zum Verbot, bestünde noch die Möglichkeit, eine Zulassung von Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel mit synthetischem CBD als sogenanntes novel food zu beantragen. Denn Grundlage der Einschätzung als Suchtstoff ist die Nennung von Cannabis und aller darauf basierenden Extrakte und Tinkturen im Einheitsübereinkommen der Vereinten Nationen über Suchtstoffe von 1961. Was als Naturprodukt verboten ist, wäre aus dem Labor theoretisch legal. Ein solches Zulassungsverfahren kostet allerdings 500.000 bis 1,5 Millionen Euro.
Wie umständlich die Rechtslage ist, zeigt ein heutiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Ein französisches Unternehmen, das E-Zigaretten mit tschechischem CBD-Öl vertreibt, hatte vor dem EuGH gegen die Verurteilung durch ein französisches Gericht geklagt, da in Frankreich nur Fasern und Samen gewerblich genutzt werden dürfen, das Öl aber aus der ganzen Hanfpflanze gewonnen wurde. Der EuGH entschied nun, dass ein EU-Mitgliedstaat den Vertrieb von aus einem anderen EU-Mitgliedstaat importiertem CBD nicht verbieten darf, solange es dort legal produziert worden ist.
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