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EU einigt sich auf SparhaushaltWeniger Geld für die Zukunft Europas

Sieg für Cameron und Merkel: Erstmals soll das Budget der EU schrumpfen. Doch Innovationen und Umwelt bleiben auf der Strecke.

24 Stunden verhandelt: EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Nach einer schlaflosen Nacht und mehreren stundenlangen Unterbrechungen haben sich die 27 EU-Chefs am Freitag auf einen neuen Sparhaushalt geeinigt. Das Europaparlament droht jedoch mit einem Veto. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sprach wegen neuer Deckungslücken von einem „Täuschungsmanöver“.

Bereits am Vormittag hatten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Kollegen auf eine Deckelung des EU-Budgets bei 960 Milliarden Euro geeinigt. Zum ersten Mal in der EU-Geschichte bedeutet dies weniger Ausgaben – das Budget soll für 2014 bis 2020 um 3 Prozent schrumpfen. Die Kürzungen betreffen vor allem Zukunftsinvestitionen.

Die Kürzung ist ein Erfolg für den britischen Premier David Cameron. Schon beim ersten Budgetgipfel im November hatte er mit Merkel Abstriche am Entwurf der EU-Kommission gefordert. Nach einer öffentlichen Kampagne gegen angeblich zu hohe EU-Beamtengehälter fuhr er nun seinen zweiten Sieg ein. An seiner Seite stritten Schweden, Dänemark, die Niederlande und auch Deutschland.

Merkel hatte sich schon im Vorfeld mit Frankreichs Staatschef François Hollande auf die Ausgabengrenze von 960 Milliarden Euro geeinigt. Beim Gipfel machte sie dennoch Zugeständnisse an Cameron und dessen euroskeptische Freunde in Dänemark, Schweden und den Niederlanden. Demgegenüber hielt sie Belgier, Italiener und Polen auf Distanz, die mehr Geld gefordert hatten.

Da der deutsch-französische Kompromiss nicht funktionierte und mehrere Länder einen Rabatt nach dem Vorbild Großbritanniens forderten, kam es am Freitagnachmittag erneut zu einer Blockade. Klar war daher früh, dass das angekündigte „Zukunftsbudget“ nicht kommen würde.

Die Kürzungen gehen vor allem zu Lasten innovativer Bereiche. Die Etats für Forschung wurden gegenüber den ersten Entwürfen ebenso gekürzt wie die Ausgaben für Telekommunikation, Transport und Energie. Zwar soll ein Fünftel des EU-Budgets für den Klimaschutz eingesetzt werden. Es ist sogar ein neuer, 6 Milliarden Euro hoher Posten gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorgesehen; doch mehr als zwei Drittel des Gelds gehen wie zuvor in Landwirtschaft und Strukturpolitik, was oft Straßenbau bedeutet.

Noch ist die Einigung nicht endgültig

Die Einnahmen aus den EU-Beiträgen liegen jedoch mit rund 910 Milliarden Euro niedriger als die Ausgaben. Wegen der mangelnden Deckung und der Gewichtung der Ausgaben droht das Europaparlament sein Veto an. „Diesen Defizithaushalt wird das Europaparlament nicht annehmen“, sagte Parlamentschef Martin Schulz. Mit dem neuen Budget würden „EU-Ausgaben-Dinosaurier“ gefüttert, kritisierte der FDP-Politiker Alexander Alvaro.

Auch die Grünen sind unzufrieden. „Das Prinzip 'Jeder für sich, und später kommt Europa' “ greife um sich, sagte die Grüne Rebecca Harms. Das Parlament müsse „diese unverantwortliche Haushaltspolitik jetzt abwehren und zeigen, wie Europa besser gestaltet werden kann“.

Sollte das Parlament tatsächlich Nein sagen, müsste der Deal neu verhandelt werden. Kommt auch dann keine Einigung zustande, wird der Haushalt auf der Basis der Ausgaben von 2013 jährlich fortgeschrieben – plus Inflationsausgleich. Für Deutschland und andere Nettozahler wäre dies wohl die teuerste Lösung. Für die EU-Bürger hingegen hätte es einen großen Vorteil: Bei der Europawahl 2014 könnten sie den EU-Chefs die Quittung geben – und jene Parteien wählen, die ihren Vorstellungen von Europa am nächsten kommen.

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6 Kommentare

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  • KS
    Kritische Stimme

    Es gibt weniger Geld fuer Europas Zukunft weil man Das schon frueher fuer falsche Projekte ausgegeben hat.Von allen industrialisierten Laendern in der Welt schneidet die EU am schlechtesten ab durch das Kopieren der USCowboyEkonomie,die 1. Krise 2008 mit $1300 Miliarden Schaden,viele sinnlose,teuere Kriege+Sanktionen aufgezwungen ueber die Nato,nur die Iransanktionen kosten $150 Miliarden/Jahr,Eurokrise durch die unterlassene Kontrolle von den weichen suedeuropaeischen Laendern,wansinnige durch Gewinnbeteiligung angetriebene Spitzengehaelter i/d (Banken)Spekulation-Wirtschaft,Spekulationen in Rohstoffen+Nahrungsmitteln der US kosten der EU jaehrlich 100ten Miliarden $ waehrend China die Produkte direct vom Produzent kauft,jaehrlich wird die EU von US+Israel gezwungen die Rechnung fuer Palestina zu bezahlen weil die Laender keine Loesung wollen.Demokratisierung vom NahOst was eine historische Chance fuer EU fuer mehr Handel+Freundschaft bedeutet,kann nicht wahrgenommen werden durch die Verbindung mit US+Israel

  • HS
    Hari Seldon

    @kannes

     

    Bitte, sind Sie sicher das die Innovationen (ausser Tricks "wie können Steuerzahlungen vermieden werden") aus Südeurope kommen werden? Bitte, Sie schreiben: "Forderungen Südeuropas für konkrete langfristige Umweltschutz-, Energie-, Versorgungs-,

    Gesundheitsinvestitionen und Städtebau nutzen," Nun, die südeuropäischen Länder haben so viel EU-Gelder für Ihre Ziele erhalten, und statt Städtebau wurde Immobilienspekulation betrieben, investiert wurde in das eigene Konsum, usw. Es wäre viel besser, hierzulande in den Städtebau oder Gesundheitswesen, usw. zu investieren, als das Leben über die eigenen Möglichkeiten in Südeuropezu zu subventionieren. Opel war nie so beliebt in Südeurope. Die Südeuropeer müssen schon langsam lernen, dass nur das verdiente Geld ausgeben werden sollte, und leben auf Pump führt nur zur Pleite. Pleite können wir auch sehr gut organisieren, so bitte, her mit dem Geld, warum sollten wir diesen Privileg an Südeurope überlassen? Auch wir möchten gern ohne Steurzahlung leben, und 14-15 Monatsgehalt im Jahr haben, Rente für nicht existierende oder tote Vewandten erhalten, usw.

     

    Eigentlich müssten die Grünen die Rechnung bezahlen: Der Dr. Joschka hat die Euro-Mitgliedschaft der Griechen damals durchgepeitscht. Im Bundestag hat er diejenige, die gegen seinen Dilettantismus waren, schlichtweg als "ausländerfeindlich" benannt. Seine Rede ist in den Archiven des Bundestags zu finden (kostenlos, und für Sie auch erreichbar).

  • K
    kannes

    @Hari Seldon

     

    Lieber will Frau Merkel die totale

    Konkurrenz der Industriearbeiter hochbeschwören.

    Sehr schlau von Frau Merkel,

    Schuldenübernahme durch Bürgschaften für

    die Nehmerstaaten und massivste Lohnarbeiterkonkurrenz, stark wegbrechende

    Konsumgüternachfrage und ein ramponiertes

    Image in den Nehmerstaaten auf der anderen Seite.

    Fazit: Wir kriegen die Schulden der anderen

    aufgebürdet und zusätzlich unsere Arbeitsplätze

    abgenommen!Aber Sie haben vollstes Verständnis für

    Frau Merkel! Die Dividende haben die ausländischen

    Aktionäre deutscher AGs eingestrichen + die eigene

    oberen Zehntausend.

    Hoffentlich trifft es die Befürworter dieser

    Standortbedrohungspolitik, wenn das Blatt sich

    gegen uns wendet.

    Merkel rettet die noch zweifelhaften

    Anlagen der Bankinstitute, aber verspielt

    die Zukunft der Deutschen durch eine falsch

    verstandene Großzügigkeit und entlastet

    die kleinen Leute im Südeuropa viel zu wenig!

    Aber von denen hängen wir ab!!!

    Deutschland muss die derzeit bedienten

    Forderungen Südeuropas für konkrete langfristige

    Umweltschutz-, Energie-, Versorgungs-,

    Gesundheitsinvestitionen und Städtebau nutzen,

    um selber ihre Kundenschichten zu pflegen!!!!!

    Verfallenes Geld nutzt niemanden etwas!!!

    Die Finanzkrisen der Geschichte wurden durch

    einen unbelehrbaren Ökonomieegoismus bis

    zum Kriegsexzess hervorgerufen.

    Wenn Deutschland wirklich etwas aus seiner

    Geschichte gelernt haben sollte, ist es

    das man eine miese Politik nicht durch Kadavergehorsam durchsetzen darf, sondern

    man sich den Problemen stellen muss.

    Die Forderungen der Bundesbank sind gigantisch,

    aber bis jetzt dank der Sch...EZB, ESM,ESEF

    usw. völlig wertlos. Diese wären

    als Energie-,Wasseraufbereitungsanlageninvestitionen und

    Infrastrukturinvestionen auch zur Klimakatastrophenvorsorge sehr sinnvoll investiert

    und mit klaren Investitionsauftrag in die

    Konsumentenländer gut angelegt!

    Die derzeitigen Tilgungsleistungen der Südeuropäer

    müssen in die o.g. Sektoren in deren Länder

    investiert werden!

     

    Opel stirbt, weil es Südeuropa mies geht!

    Thyssen investiert in feindliche

    Absatzräume mit miesen Erfolg, weil es sich sehr

    sicher ist, dass der Markt hier kollabieren wird!

    Wir sind von der Krise nicht ausgenommen und in

    China werden zur gleichen Zeit Dutzende

    Manhattans hochgezogen!

  • HS
    Hari Seldon

    @eric bonse

     

    Bitte, Sie schreiben: "Doch Innovationen und Umwelt bleiben auf der Strecke."

     

    Nun, vielleicht sollten Sie die Geschichte der wichtigsten Innovationen in den letzten 20-30 Jahren studieren. Dann werden Sie schnell sehen, dass die wirklichen Innovationen ALLE (ohne Ausnahme) ohne Subventionen getätigt wurden. Vielleicht sollten Sie die Recherche mit dem Buch über Steve Jobs starten, aber das Buch von Kaplan über die Silicon Walley ("The Silicon Boys") könnte Ihnen auch behilflich sein. Vielleicht sollten Sie die Leserschaft darüber informieren, dass die Struktursubventionen der EU in Spanien für die Immobilienblase zuständig sind, oder Griechenland hat den Überfluss den Subventionen für den Ausbau einer Schmarotzergesellschaft benutzt hat, usw. Habe volles Verständnis, dass Merkel (im Interesse der deutschen Steuerzahler) solche Schmarotzertum nicht unterstützt.

  • OM
    Oh manno

    Wieder einer der nichts kapiert hat"Weniger? Hahaha".Es IST "weniger"-auch wenn es"nur 3%"sind in nackten Zahlen.Gleichzeitig aber ist und wird es "weniger"durch die Inflationsrate!Was aber tatsaechlich an diesem Kompromiss uebel ist das diese Minieinsparungen gerade dort getaetigt werden wo schon sowieso zu wenig Geld hingeflossen ist-gleichzeitig aber wird NICHTS gegen die Ueberproduktion in der Landwirtschaft getan und Fronkreisch bekommt 1Milliarde mehr fuer seine bereits hoch subventionierte Landwirtschaft!Es ist zum ****en diese dumme Kleinstaaterei!Europa erinnert an das Deutschland vor 1871-jeder Politiker schaut nur auf seine Interessen und leider macht die Bevoelkerung der EU Laender dieses dumme Spiel auch immer noch mit!Es wird Zeit-fegt die Nationalen Parlamente endlich in die Muelltonne der Geschichte und lasst uns ein wirklich Vereintes Europa aufbauen!

  • WH
    Weniger? Hahaha

    Bei 960 Milliarden von "weniger" Geld zu reden ist lustig. Die "Zukunft Europas" sei dadurch gefährdet. Aha. Nicht von halbsozialistischer Planwirtschaft, verpulverten Subventionsmilliarden, ungelöster Zuwanderungspolitik, undemokratischen EU-Institutionen, überblähten Beamtenaparaten, Strukturblockaden oder massiver Korruption. Nein, davon ob man eine oder zwei Phantastiliarden spendet damit alles so bleibt wie es ist und wir am Ende die Zeche zahlen. Steinbrück fährt zur Zeit quer durch Europa und versprpicht gutdotierte Vortragshonorare für alle. Die Grünen würden eutschland am besten gleich abschaffen um Europa "zu retten". Mutti macht es auch aber langsamer. Fremdes Geld verteilen ist halt echt schön und am Ende machen alle mit. Ganz vorne am Steuertrog wird halt um die besten Plätzchen gestritten.