EU-Subventionen für Bauern: EU-Staaten stutzen Ökoreform
Jedes Land darf selbst entscheiden, ob Landwirte und Agrarkonzerne auch die Natur und Umwelt schützen müssen. So will es die EU.
BERLIN taz | Für die Anhänger einer ökologisch-sozialen Reform der Agrarsubventionen war der Abschluss des EU-Gipfels am Freitag eine Niederlage. Ein neues Kompromisspapier von Ratspräsident Herman Van Rompuy zum Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre bedeutet aber, dass die Europäische Kommission von ihrem Konzept zur Neuverteilung der milliardenschweren Zahlungen für die Landwirtschaft weniger Abstriche machen muss als erwartet.
Dabei geht es um viel Geld – das Agrarbudget ist der größte Posten im EU-Haushalt. Und um erhebliche Folgen für die Natur: Die Bauern tragen die Hauptschuld daran, dass sich Tier- und Pflanzenarten verringern und aussterben, sagen Wissenschaftler. Die Landwirte verursachen laut Umweltbundesamt auch 13 Prozent der Treibhausgase in Deutschland. Zudem verteilt die EU die wichtigste Subventionsart, die Direktzahlungen, fast nur nach der Fläche der Betriebe, sodass große Agrarbetriebe die höchsten Summen bekommen.
Deshalb will die EU-Kommission die Direktzahlungen an Großbetriebe begrenzen und die Zahlungen an schärfere Umweltauflagen als gesetzlich vorgesehen knüpfen. Das Kompromisspapier der Staats- und Regierungschefs überlässt es aber jedem einzelnen EU-Staat, ob er die Subventionen deckelt und den Bauern zum Beispiel vorschreibt, auf einem Teil ihrer Fläche Bäume zu pflanzen.
Deutschland lehnt Umweltauflagen ab
Außerdem seien „ungerechtfertigte Einkommensverluste“ der Landwirte zu vermeiden. In Deutschland zum Beispiel dürfte dann erst einmal alles beim Alten bleiben – die Bundesregierung lehnt beide Vorschläge ab. Da der gesamte Agraretat um 11 Prozent auf 373 Milliarden Euro gekürzt werden soll, fällt es Regierungen noch schwerer, den Bauern weitere kostspielige Auflagen zu machen.
Problematisch ist aus Sicht von Umwelt- und Naturschützern, dass die Länder bis zu 25 Prozent der Mittel für Agrarumweltmaßnahmen wie Ökolandbau in die Direktzahlungen stecken dürfen. Für Deutschland dürfte in diesem Punkt sowieso weniger übrig bleiben, weil Frankreich und Italien und weitere Staaten auf Kosten der anderen 5,2 Milliarden Euro extra für ihre Agrarumweltmaßnahmen ausgehandelt haben.
Immerhin schreibt das Papier fest, dass alle Bauern die Ökoauflagen erfüllen müssen. Der Etat wird auch nicht so stark gekürzt, wie etwa von Großbritannien gefordert worden war. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel schaffte es nicht, schon jetzt festzulegen, dass die Bauern nur auf 3,5 Prozent ihrer Ackerflächen der Natur den Vorrang einräumen müssen. Die Kommission fordert 7 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen