piwik no script img

EU-Plan gegen hohe GaspreiseGaspreisdeckel geht an den Start

Ab Mittwoch kann die EU überteuerte Gashandelsgeschäfte verbieten. Die Bundesregierung hatte für eine Abschwächung des Instruments gesorgt.

Sparflamme bei den Gaspreisen? Die EU will bei explodierenden Preisen künftig eingreifen Foto: Revierfoto/imago

Brüssel/Berlin dpa/taz | Mal eben 1000 Prozent mehr: Infolge von Russlands Krieg gegen die Ukraine kam es in Europa im vergangenen Jahr zu einem drastischen Anstieg der Großhandelspreise für Erdgas. Die Wiederholung einer solchen Situation soll ab sofort ein flexibler EU-Preisdeckel verhindern. Eine entsprechende Verordnung trat am 1. Februar in Kraft. Seit diesem Mittwoch um Mitternacht ist das System nun auch einsatzbereit.

Die EU kann dem Großhandel damit überteuerte Gas-Deals verbieten. Was zählt als überteuert? Die Anforderungen sind hoch: Der Preis an der europäischen Gasbörse TTF in den Niederlanden muss drei Arbeitstage lang 180 Euro pro Megawattstunde übersteigen – und gleichzeitig 35 Euro über einem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas (LNG) liegen. Dann kann der Gaspreisdeckel greifen, der offiziell „Marktkorrekturmechanismus“ heißt.

Der europäische Gaspreisdeckel funktioniert damit ganz anders als die Gaspreisbremse, die zusätzlich in Deutschland gilt. Die soll teure Gas-Deals nicht verhindern, sondern die Folgen für die End­ver­brau­che­r:in­nen abfedern. Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen bekommen für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen Gas-Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert, einen etwaigen Rest übernimmt der Staat. Wer die restlichen 20 Prozent nicht einspart, muss dafür den vollen Preis zahlen.

Die Bundesregierung war zunächst gegen das europäische Instrument. Sie befürchtete Versorgungsprobleme. Das Argument: Lieferanten könnten sich entscheiden, kein Gas mehr nach Europa zu liefern, wenn sie den Preisdeckel nicht akzeptieren wollen. Im Dezember stimmte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dann aber doch zu. Ausschlaggebend war unter anderem die Regelung, dass der Gaspreisdeckel nur aktiviert wird, wenn die Preise über einen längeren Zeitraum deutlich höher sind als auf dem Weltmarkt.

Die Preise liegen derzeit weit unter dem Deckel-Niveau

Vorerst wird das Instrument wahrscheinlich trockene Theorie bleiben: Der relevante europäische Gaspreis lag zuletzt zwischen 50 und 60 Euro und damit sehr deutlich unter dem Grenzwert von 180 Euro pro Megawattstunde. Damit ist er meilenweit von den Höchstständen im vergangenen August entfernt, die den Anstoß zu einer Debatte über einen Preisdeckel gegeben hatten.

Damals erreichten die europäischen Erdgaspreise nach Angaben der EU-Kommission ein Niveau, das 1000 Prozent über den bis dato in der Union verzeichneten Durchschnittspreisen lag. Bewegten sich die Preise in den vergangenen zehn Jahren zwischen 5 und 35 Euro pro Megawattstunde, kletterten sie im vergangenen Sommer auf Rekordstände von deutlich über 300 Euro pro Megawattstunde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!