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EU-Krisentreffen zu CoronaDer Gipfel der Uneinigkeit

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen beim Krisengipfel über einen Wiederaufbau-Fonds beraten. Doch vieles ist ziemlich umstritten.

„Puls of Europe“ in Berlin: Unterschriftensammlung für stärkere europäische Hilfe für Italien Foto: Markus Schreiber/ap

Brüssel taz | Scheitert Europa an der Corona­krise? Kurz vor dem vierten virtuellen Krisengipfel am Donnerstag macht sich Papst Franziskus große Sorgen. „Lasst uns heute für Europa beten, damit es jene brüderliche Einheit erreicht, von der die Gründerväter der Europäischen Union geträumt haben“, sagte Franziskus am Mittwoch in seiner Frühmesse.

Optimistisch gibt sich aber EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel. Er hat eine „Roadmap for Recovery“ vorgelegt, die den Weg aus der Krise weisen soll. Darin enthalten ist nicht nur ein gigantischer neuer Hilfsfonds, sondern auch die Forderung, Europa müsse „strategische Autonomie“ in wichtigen Branchen erlangen. Kritische Infrastruktur, vor allem im Gesundheitswesen, müsse gestärkt werden, fordert Michel. Doch wie das gelingen kann, ist ebenso unklar wie die Finanzierung des Wiederaufbaus nach dem Ende der Corona­krise. Bisher versucht jedes EU-Land in Eigenregie, die medizinische Versorgung zu sichern und die Wirtschaft zu retten.

Deutschland ist dabei besser aufgestellt als Italien, Spanien oder Frankreich. Die drei Krisenländer haben sich denn auch im Vorfeld des Videogipfels bemüht, solidarische Hilfe zu organisieren. Paris fordert einen Wiederaufbaufonds, Rom will Coronabonds, und Madrid hat beide Vorschläge in einem Plan zusammengefasst.

Der spanische Entwurf sieht ein 1,5 Billionen Euro schweres Notbudget vor, das sich auf den EU-Haushalt stützt. Die Finanzierung soll durch Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit gesichert werden – sogenannte Recovery Bonds. Die Schulden würden also nicht abgetragen, nur die Zinsen müssten bezahlt werden. Aus Sicht vieler Ökonomen ist dies bisher der beste Plan – denn er würde die hohe Schuldenlast etwa in Italien nicht erhöhen und reiche Länder wie Deutschland nicht in direkte Haftung nehmen. Zudem sieht er dauerhafte Transfers an die Krisenländer vor – und nicht nur Kredite, wie im Hilfsprogramm der Eurogruppe.

Widerstand der Nordeuropäer

Doch beim Krisengipfel hat er (noch) keine Chance. Denn die Nordeuropäer sträuben sich gegen direkte Transfers an den Süden. Sie lehnen bisher auch einen größeren EU-Haushalt ab. Auch die Osteuropäer stehen auf der Bremse – sie fürchten, „ihre“ Subventionen zu verlieren. Demgegenüber nimmt Deutschland eine vermittelnde Rolle ein.

Bisher versucht jedes EU-Land in Eigenregie, die medizinische Versorgung zu sichern und die Wirtschaft zu retten

Kanzlerin Angela Merkel hat sich für einen größeren EU-Haushalt ausgesprochen. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er in den ersten Jahren nach der Pandemie ganz andere finanzielle Möglichkeiten haben muss.“ Auch der Idee von Anleihen, die durch das Budget abgesichert werden, steht Merkel offen gegenüber. Allzu weit vorwagen dürfte sich die Kanzlerin am Donnerstag aber noch nicht.

Die Chefs wollten nichts überstürzen und zunächst die EU-Kommission beauftragen, einen Vorschlag auszuarbeiten, sagten EU-Diplomaten in Brüssel. Bis man sich einig werde, könne es noch einige Wochen dauern. Dazu sei „mindestens ein physisches Treffen nötig“, hieß es in Paris. Da das derzeit wegen Corona nicht möglich sei, hoffe man auf eine Einigung „um den Sommer herum“.

Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Entscheidung über Finanzhilfen erst unter deutschem EU-Vorsitz fällt, der am 1. Juli beginnt. Schon jetzt bereitet man sich in Berlin auf eine „Corona-Präsidentschaft“ vor. Sie könnte entscheidend werden, nicht nur für den Wiederaufbau, sondern für den Zusammenhalt der EU. „Deutschland kann es sich nicht leisten, dass andere Länder weniger gut durch die Krise kommen“, sagt die grüne Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner. „Das wäre gefährlich – nicht nur für die EU, sondern auch für Deutschland.“ Merkel habe die „besondere Verantwortung“, die Jobs der nächsten zehn Jahre zu sichern und den sozialen und ökologischen Umbau einzuleiten.

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4 Kommentare

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  • Die EU-Krisenfinanzierung, jedes Land aus eigener Kraft!

    Deutschlands Erwerbsbevölkerung ist nicht der Zahlmeister für die Konsumwünsche der EU-Entwicklungsländer!

    Es ist nicht die Aufgabe der deutschen Erwerbsbevölkerung über die Finanzierung des EU-Haushalts die Gläubiger der EU-Entwicklungsländer zu befriedigen und deren Konsumwünsche zu finanzieren. Die EU-Entwicklungsländer und EU-Kandidaten, wie Italien, Griechenland, Spanien, Rumänien, Bulgarien und Albanien, ebenso wie der Kosovo und Montenegro, müssen sich schon selber finanzieren.

    Es ist nicht die Aufgabe Deutschlands mit finanziellen Zuwendungen an Italien, deren Schulden gegenüber französischen Banken abzugelten. Das ist die Aufgabe der italienischen Bevölkerung und ihres EU-Staates. Analog so auch in den anderen EU-Entwicklungsländern.

    Alle Staaten verfügen über eine einkommensreiche und vermögensreiche Bourgeoisie, so seit den 1950er und Nachkriegsjahren. Die jeweilige nationale Bourgeoisie, deren Millionäre, Multimillionäre und Milliardäre, die von der Nachkriegsentwicklung ihrer Länder profitierten, ebenso deren persönlich leistungslosen Erbschafts-Millionäre und Dividenden-Milliardäre, deren Finanz- und Monopolbourgeoisie, müssen von den jeweiligen Staaten zur Finanzierung herangezogen werden. Auch hierfür können die jeweiligen staatlichen Gewaltorgane zum Einsatz kommen.

    Zugleich, so auch im Falle Italiens, Albaniens und Frankreichs, könnten auch die überfälligen Maßnahmen gegen die eigene nationale und internationale Mafia eingeleitet werden. So auch gegen die jeweiligen Vermögensverschiebungen und Steuerflüchtlinge.

    PS: Es gibt also ein breites Betätigungsfeld für die jeweilige Justiz und Polizei, aber auch für die von Korruption befreiten Finanz- und Steuerbehörden, unter zu Hilfenahme der nationalen Sicherheits- und Geheimdienste. Nur so können die Finanz- und Schuldenprobleme, ebenso wie die künftigen Konsumwünsche der Bevölkerung nachhaltig und dauerhaft gelöst werden!

  • Weshalb sollte sich der Schuldenstand bei unbegrenten Laufzeiten nicht erhöhen? Die Schulden sind ja ungeachtet der Laufzeit trotzdem da und eine Regelung über die Aufteilung der Schulden müsste für den Fall der späteren Kündigung durch den Schuldner oder eines Austrittes eines Mitschuldners aus der EU bereits im Vorfeld getroffen werden. Hier bietet sich eine Rückzahlung in Höhe der empfangenen Gelder an. Auch bezüglich der Aufteilung der Zinsen müsste eine Regelung getroffen werden. Eine Abbildung über den Haushalt wäre lediglich eine verschleierte Transferzahlung.

    Insoweit droht halt immer auch das gesamtschuldnerische Haftungsrisiko für alle Mitschuldner, auch wenn die Gläubiger von sich aus nicht kündigen können.

  • Europa scheitert nicht an Corona. Allenfalls das Gebilde namens EU.

    Wie bei all diesen unterschiedliche Vorstellungen und Ausgangslagen ein einstimmiger Konsens gefunden werden will, ist mir schleierhaft. Wie soll die Verteilung dieser 1,5 Billionen aussehen? Und weshalb dauerhafte Transfers? Wenn es dauerhafte Transfers gibt, was wird damit finanziert und von wem wird die Mittelverwendung überwacht? Mit der Überprüfung der Haushalte hat es in der Vergangenheit schon nicht funktioniert. Wie soll das in Zukunft besser werden? Fragen über Fragen.

  • „Deutschland kann es sich nicht leisten, dass andere Länder weniger gut durch die Krise kommen“, sagt die grüne Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner.



    Aha, müssen wir jetzt die gleichen Todeszahlen liefern oder geht es nur um die Kohle. Das Kind sollte schon beim Namen genannt werden. Jedes Land hat vor und in der Krise eigene Entscheidungen getroffen und kommt dementsprechend durch diese Zeit. Jetzt wollen also die Osteuropäer nichts verlieren und die Südländer umfassende Unterstützung. Und natürlich alles ohne Auflagen oder Reformen. Und das ein endloser Kredit umsonst ist, glaubt doch kein Mensch. Spätestens über Inflation wird er bezahlt und dies bezahlt die lohnabhängige Bevölkerung.