EU-Kontrollen zu Rechtsstaatsverstößen: Misstrauen gegen die Neue
Alle EU-Staaten sollen auf rechtsstaatliche Verstöße geprüft werden. Damit will man verhindern, dass die neue Kommission zu lasch mit Polen umgeht.
Die Zweifel an ihrer Standfestigkeit hatte von der Leyen selbst geweckt. Vor ihrer Wahl wollte sie sich zunächst nicht auf ein hartes Vorgehen gegen Polen festlegen. Dann kündigte sie zwar an, bei Verstößen gegen den Rechtsstaat durchzugreifen. Bei ihrer Wahl am Dienstag stützte sie sich jedoch auch auf Stimmen der polnischen Regierungspartei PiS, die den Rechtsstaat gezielt aushöhlt.
Seither machen in Brüssel Gerüchte über einen möglichen „Deal“ mit Warschau die Runde. Genährt werden sie durch Berichte über Verhandlungen in letzter Minute, die CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt haben sollen, um von der Leyens Wahl zu sichern.
Die Zweifel haben auch ein Treffen der Europaminister am Donnerstag in Brüssel überschattet. Europastaatsminister Michael Roth (SPD) forderte von der Leyen auf, bei der Rechtsstaatlichkeit ernst zu machen. „Wir erwarten, dass diese zentralen Punkte auch elementarer Bestandteil des Arbeitsprogramms der nächsten Kommission werden“, sagte er.
Nötig seien „klare Verfahrensregeln“
Allerdings tut sich nicht nur die EU-Kommission schwer damit, die Grundwerte zu sichern. Auch der Rat, die Vertretung der 28 EU-Länder, hat versagt. So wird das laufende Artikel-7-Verfahren gegen Polen, bei dem es um die umstrittene Justizreform geht, immer weiter verschleppt. Die Minister ermahnen die Regierung in Warschau zwar regelmäßig, doch Sanktionen sind nicht in Sicht.
Die EU-Kommission hat deshalb vorgeschlagen, die Strafverfahren zu straffen. Nötig seien „klare Verfahrensregeln“, welche „den Entscheidungsprozess verbessern“. Bisher laufen Rechtsstaatsverfahren in drei Stufen, erst in der letzten sind Sanktionen möglich. Allerdings wurde gegen Polen und Ungarn bisher nicht einmal die erste Stufe erreicht, die bloß eine Warnung vorsieht.
Auch beim Ministertreffen am Donnerstag zeichnete sich kein Fortschritt ab. Polen verteidigte eine umstrittene Disziplinarregelung für polnische Richter. Polens Europaminister Konrad Szymansk sagte, die Änderungen „stellen auf keine Art eine Bedrohung für die richterliche Unabhängigkeit dar“. Er widersprach damit der EU-Kommission – der Streit dreht sich im Kreis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“