EU-Kommission: "Erst denken, dann posten"
Die EU-Kommission hat Online-Netzwerke kritisiert. Die Standard-Sichtbarkeits-Einstellungen für Minderjährige seien zu lasch. Aber die Jugendlichen müssten auch lernen, "zu denken, bevor sie posten".
BRÜSSEL afp | Minderjährige müssen nach Ansicht der EU-Kommission in sogenannten sozialen Netzwerken im Internet besser geschützt werden. Darum sollten persönliche Angaben und Fotos standardmäßig nur von Bekannten eingesehen werden dürfen, forderte die Behörde in einem zum "Safer Internet Day" am Dienstag veröffentlichten Bericht. Die Anbieter sozialer Netzwerke seien ihren Pflichten bislang nicht voll nachgekommen.
Die Kommission hatte mit externen Fachleuten rund 25 Internetangebote wie Facebook, SchülerVZ, MySpace und Youtube unter die Lupe genommen. Sie gehören zu 20 Unternehmen, die sich 2009 selbst verpflichtet hatten, den Schutz Minderjähriger im Internet zu erhöhen. Sie wollten beispielsweise Vorkehrungen gegen Pädophile verbessern, die dort Informationen über Kinder sammeln oder Kontakte zu knüpfen versuchen.
Die meisten Firmen hätten die Risiken tatsächlich vermindert, "indem sie die Änderung von Datenschutz-Einstellungen, das Blockieren von Nutzern und das Löschen unerwünschter Kommentare und Inhalte erleichtert haben", urteilte die Kommission. "Ich erwarte jedoch von allen Unternehmen, dass sie mehr tun", erklärte die scheidende Medien-Kommissarin Viviane Reding, die in der neuen Kommission für Justiz und Grundrechte zuständig ist.
Besonders bemängelte die Kommission, dass nur in 40 Prozent der Fälle bei minderjährigen Nutzern die Profile standardmäßig allein von Bekannten eingesehen werden können. Ist das nicht der Fall, können sich Fremde etwa ungehindert die von Kindern und Jugendlichen eingestellten Fotos ansehen oder lesen, was diese in der Freizeit tun oder wo sie zur Schule gehen.
Die Kommission kritisierte auch mangelhafte Reaktionen auf die Bitte um Hilfe. "Nur ein Drittel der einschlägigen Unternehmen" antworte auf solche Meldungen. Und nur die Hälfte der Firmen habe es unmöglich gemacht, Profile Minderjähriger per Suchmaschine aufzuspüren.
Lob und Kritik für SchülerVZ
SchülerVZ erhielt Lob und Kritik: Die Plattform enthalte ausführliche altersgemäße Informationen über Gefahren im Netz, heißt es in dem Bericht. Auch dass persönliche Daten standardmäßig nur für Freunde einsehbar seien, lobten die Tester. Es fehle aber eine externe Alterskontrolle, so dass sich Erwachsene auf SchülerVZ als Jugendliche ausgeben könnten. Die Tester kritisierten zudem mangelhafte Möglichkeiten, persönliche Angriffe zu melden.
Den US-Giganten Facebook kritisierte Reding am Dienstag dafür, noch im Januar und damit nach Fertigstellung des Berichts Einstellungen so geändert zu haben, dass persönliche Daten standardmäßig Fremden offenstünden. "Facebook war einer der besten" bei der Umsetzung der Selbstverpflichtung, erklärte Reding. Sie hoffe daher, dass das Unternehmen den Schritt rückgängig mache.
EU-Kommission: "erst denken, dann posten"
Die Kommission wandte sich auch an die Nutzer selbst. Jeder zweite Teenager in Europa gebe im Netz Persönliches preis. Unter Umständen könne dies "für immer" online bleiben und von aller Welt gesehen werden. Das Motto bei Einträgen ("Posts") im Netz müsse darum lauten: "Erst denken, dann posten!"
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte anlässlich des Tags des sicheren Internets in Berlin "ein staatliches Siegel" für vertrauenswürdige Internetangebote. Dies gelte nicht nur im Blick auf Minderjährige, sondern auf alle Nutzer. Der Staat und die Wirtschaft müssten mehr gegen die Sammlung und Nutzung von Daten ohne ausdrückliche Zustimmung der Verbraucher tun.
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