EU-Kommission legt Energiepapier vor: Energieeffizienz bleibt unverbindlich
Die EU-Kommission legt neue Vorschläge für Energiesicherheit und -effizienz vor. Dabei verzichtet sie auf verpflichtende Standards und plädiert für längere AKW-Laufzeiten.
Die Europäische Union hält an ihrem Ziel fest, die Energieeffizienz in Europa bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu steigern. Auf verbindliche Vorgaben an die Mitgliedstaaten verzichtet sie allerdings. Bei der Vorstellung eines neuen Aktionsplans räumte EU-Energiekommissar Andris Piebalgs am Donnerstag ein, dass die 27 EU-Staaten ihre Sparziele mit den bisher beschlossenen Maßnahmen nicht erreichen können: Statt um 20 Prozent werde der Energieverbrauch bestenfalls um 13 Prozent sinken. Deshalb schlage die Kommission neue Sparprogramme für Gebäude, Elektrogeräte und Autoreifen vor. "Diese neuen Maßnahmen helfen uns, die 20-Prozent-Ziele zu erreichen und bei Erfolg sogar zu übertreffen", sagte Piebalgs.
Konkret plant die EU-Kommission, die Information über den Energieverbrauch bestimmter Produkte zu verbessern, um Konsumenten zum Kauf sparsamer Geräte zu motivieren. Effizienzlabel, wie es sie derzeit beispielsweise bei Kühlgeräten und Waschmaschinen gibt, sollen künftig auch für andere Elektrogeräte sowie für Isolierfenster oder Autoreifen gelten. Zudem sollen Kennzeichnungen, die jetzt schon bestehen, an die neue technische Entwicklung angepasst werden. Daneben sind auch strengere Vorschriften zur Energieeffizienz von Gebäuden vorgesehen. Die EU-Staaten und das Europa-Parlament müssen den vorgeschlagenen Richtlinien noch zustimmen.
Umweltorganisationen reagierten enttäuscht auf die Ankündigungen aus Brüssel. Zwar könnten die Vorschläge "geringfügige Verbesserungen" der Effizienz bringen, sagte Greenpeace-Energieexpertin Frauke Thies der taz. "Aber die EU verzichtet weiterhin auf die beste Lösung, nämlich die Effizienzziele verbindlich zu machen."
Solche verbindlichen Vorgaben gelten derzeit etwa beim CO2-Ausstoß der Industrie. Sie werden dann auf die einzelnen Mitgliedstaaten heruntergebrochen und müssen von diesen innerhalb von bestimmten Fristen umgesetzt werden.
Zudem machte die EU-Kommission Vorschläge, wie die Versorgungssicherheit in Europa verbessert werden kann. Gefordert wird zum einen ein Ausbau der Stromnetze, um Energie über größere Distanzen zu transportieren und erneuerbare Energien verstärkt ausbauen zu können. Auch sollen neue Gas-Pipelines, etwa zum Kaspischen Meer, entstehen, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern.
Der geplante Ausbau der Stromnetze stieß auf positive Resonanz der Verbände. "Wir brauchen ein europaweites Netz, um Windstrom aus der Nordsee und Solarenergie aus Südeuropa überall nutzen zu können, um klimaschädliche Kohlekraftwerke zu ersetzen", sagte Stephan Singer vom World Wide Fund for Nature (WWF). Dass die EU zugleich auch fossile Energie ausbauen wolle, sei allerdings "ein Zeichen von Inkonsequenz".
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die Vorschläge der Kommission im Grundsatz. Kritik äußert er aber an einem ebenfalls am Mittwoch vorgelegten EU-Papier zur Atomenergie. Darin spricht sich die Kommission dafür aus, Atomkraftwerke bis zu 60 Jahre laufen zu lassen - und begründet dies mit dem Klimaschutz. "Das ist ein tendenziöses, einseitiges Pro-Atom-Papier, das eine Vielzahl von Aussagen enthält, die die Bundesregierung aufgrund ihrer Festlegungen im Koalitionsvertrag nicht mittragen kann", sagte Gabriel. Die Bundesregierung hat bereits Berechnungen vorgelegt, nach denen sich die deutschen Klimaschutzziele auch beim beschlossenen Atomausstieg erreichen lassen.
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