EU-Hilfe für die Ukraine: Abwehrsysteme dringend gesucht
Die Militärhilfen aus den USA stehen so gut wie fest. Auch die EU-Länder wollen der Ukraine mehr Waffen liefern. Einfach wird dieses Vorhaben nicht.
Baerbock appellierte an die EU-Partner, weitere Patriot-Systeme zu liefern. „Jedes weitere Luftverteidigungssystem rettet Menschenleben in der Ukraine“, sagte sie. „Daher ist es so zentral, dass wir alle gemeinsam unsere Kräfte genau in diesem Bereich bündeln.“ Die Bundesregierung hatte schon Mitte April angekündigt, ein weiteres Patriot-System zu liefern.
Die meisten anderen Mitgliedsstaaten tun sich jedoch schwer. Die Bestände sind leergefegt, die begehrten Patriots werden zur eigenen Landesverteidigung gebraucht. So hat Polen der Lieferung weiterer Systeme an die Ukraine eine Absage erteilt. Sein Land habe derzeit keine Möglichkeit dafür, sagte Ministerpräsident Donald Tusk in Warschau. Man brauche die Waffen selbst.
Damit wächst der Druck auf Griechenland und Spanien. Im Gegensatz zu Polen liegen beide Länder weit entfernt vom Kriegsschauplatz in der Ukraine. Sie könnten ihre Patriot-Systeme entbehren, ohne die eigene Sicherheit zu gefährden, glauben EU-Diplomaten in Brüssel. Allerdings ist die Lieferung von Waffen eine nationale Entscheidung. Brüssel kann Athen und Madrid nicht dazu zwingen.
Mindestens 7 Abwehrsysteme werden gebraucht
Neben den US-Patriots käme auch das französisch-italienische Abwehrsystem Aster SAMP/T infrage. Doch auch Paris und Rom halten sich bedeckt. Ukraines Außenminister Dmytro Kuleba, der in Luxemburg zusammen mit Verteidigungsminister Rustem Umjerow per Video zugeschaltet war, beziffert den Bedarf auf mindestens sieben Systeme.
Ob diese Zahl erreicht wird, ist fraglich. Wahrscheinlich würden nur zwei oder drei Länder dem deutschen Beispiel folgen, hieß es in Luxemburg. Dass es Probleme gibt, hatte bereits Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg eingeräumt. Einige Alliierte müssten wohl auf Waffen zugreifen, die eigentlich für die Bündnisverteidigung reserviert sind, sagte Stoltenberg auf einer Krisensitzung am Freitag in Brüssel.
Angesichts der dramatischen Lage in der Ukraine sei dies ausnahmsweise hinzunehmen, so Stoltenberg. Allerdings müssten die Lager schnell wieder gefüllt werden. Dafür fehlen indes die industriellen Kapazitäten. Die EU musste bereits im Januar einräumen, dass es Engpässe bei der Produktion gibt. So werden die versprochenen eine Million Artilleriegeschosse erst mit mehreren Monaten Verspätung in der Ukraine eintreffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf