EU-Einigung zu Gentechnik-Lebensmitteln: Deal auf Kosten der VerbraucherInnen
Die Gentechnik-Reform der EU zwingt Konsumenten Nahrungsmittel auf, die sie nicht wollen. Saatgutkonzerne werden ihre Macht durch Patente erweitern.
D ie Einigung der EU-Institutionen zu gentechnisch veränderten Pflanzen geht vor allem zulasten der VerbraucherInnen. Viele werden künftig Lebensmittel aus solchen Pflanzen essen, ohne dass sie davon erfahren. Denn der Deal aus Brüssel sieht vor, die Kennzeichnungspflicht für zahlreiche Gentechnik-Pflanzen in Nahrungsmitteln zu kippen.
Das ist auch aus sozialer Sicht ungerecht. Wer es sich leisten kann, hat noch die Möglichkeit, auf Bioprodukte auszuweichen, in denen Gentechniksorten verboten bleiben. Wer diese teureren Lebensmittel nicht bezahlen kann, hat kaum noch die Möglichkeit, sogenanntes Genfood zu vermeiden.
Umso zynischer ist, dass die Aufweichung der Gentechnikregeln maßgeblich von Konservativen und Liberalen betrieben worden ist. Also von jenen Kräften, die sich sonst gern für die „Freiheit“ und gegen angebliche staatliche Bevormundung einsetzen. Dieser Fall zeigt: Das tun sie nur, wenn es ihnen in ihrem Kampf gegen linke Regierungen oder zum Beispiel Umweltschutz nutzt.
Es gibt gute Argumente gegen die Agro-Gentechnik. Sie steht für eine Landwirtschaft, die die Natur rücksichtslos an sich anpasst statt sich selbst an die Natur anzupassen. Sie wird absehbar von großen Saatgutkonzernen wie Bayer/Monsanto beherrscht werden, die sowieso schon zu viel Macht über unsere Ernährung haben.
Deutschland sollte im Rat mit Nein stimmen
Durch Gentechnik können sie ihren Einfluss noch stärker vergrößern, weil Gentech-Pflanzen patentiert werden können. Dieses Saatgut dürfen Züchter nur mit Erlaubnis der Schutzrechteinhaber weiterentwickeln. Das hemmt den Züchtungsfortschritt. Am Ende werden Pflanzen nicht schneller, sondern langsamer an die Klimakrise angepasst. Es wird also das Gegenteil dessen eintreten, was die Gentechnik-Lobbyisten versprechen.
Zwar haben die EU-Unterhändler zum Beispiel einen Verhaltenskodex für die Patentinhaber angekündigt. Aber er wird wohl nur unverbindliche Bitten an Konzerne enthalten, Rücksicht auf kleinere Züchter zu nehmen. Das ist ein zahnloser Tiger.
Die verpflichtenden Regeln kann die EU gar nicht allein ändern. Sondern nur die knapp 40 Vertragsstaaten des maßgeblichen Europäischen Patentübereinkommens. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich dort die nötige Mehrheit findet, um zentrale Bestandteile des Patentrechts zu streichen.
Deshalb sollte klar sein: Deutschland muss bei der finalen Abstimmung im EU-Rat gegen diese Reform stimmen, die am Ende nur den Konzernen nützt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert