EU-Außenbeauftragte in Ägypten: Mursi geht es gut
Catherine Ashton traf den gestürzten ägyptischen Präsidenten Mursi an einem unbekannten Ort. Auch mit Vertretern der Interimsregierung gab es Gespräche.
BERLIN taz | Zum ersten Mal seit seiner Absetzung am 3. Juli hat der ehemalige ägyptische Präsident Mohammed Mursi Besuch bekommen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, die ihn am Montagabend an einem unbekannten Ort etwa zwei Stunden lang traf, erklärte anschließend auf einer Pressekonferenz in Kairo, Mursi gehe es gut. Er könne fernsehen und Zeitungen lesen. Ashton gab an, sie wisse nicht, wo die Begegnung stattgefunden habe, sie habe lediglich das Gebäude von außen gesehen.
Die Onlineausgabe der regierungsnahen Zeitung Al Ahram spekulierte am Dienstag sogleich über eine mögliche Vereinbarung zwischen den Muslimbrüdern, aus denen Mursi stammt, und der Armee zur Beendigung der Gewalt. Für Dienstagabend haben die Muslimbrüder jedoch zu einem „Marsch der Millionen“ aufgerufen mit der Forderung, den entmachteten Präsidenten wieder einzusetzen.
Ashton hat Mursi bereits mehrfach getroffen und war zuletzt am 17. Juli in Kairo. Damals zog sie die Kritik der Muslimbrüder auf sich, weil sie die Entmachtung Mursis nicht explizit als Staatsstreich bezeichnet hatte. Allerdings forderte sie mehrfach die Freilassung Mursis.
Nach ihrem jetzigen Treffen mit Mursi sagte Ashton: „Wir konnten über die Situation sprechen und die Notwendigkeit, vorwärts zu gehen.“ Diese Formulierung legt nahe, dass sich die EU-Beauftragte nicht für die Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten ausgesprochen hat.
Ashton bietet Wahlbeobachtung an
In einer am Dienstagnachmittag veröffentlichten schriftlichen Stellungnahme schrieb Ashton, sie sei in Kairo, um zu helfen, und nicht, um Vorschläge zu oktroyieren. Sie betonte die Bedeutung der Wahlen und bot an, die EU könne diese beobachten. Ashton, die mit einem breiten Spektrum von Personen sprach, betonte die Notwendigkeit, mit allen politischen Kräften einen Neubeginn einzuleiten. „Ich bin hier, um herauszufinden, was die Gemeinsamkeiten sein können und welche vertrauensbildenden Maßnahmen helfen können, damit sich alle vorwärtsbewegen“, erklärte sie.
Zuvor hatte sich Ashton mit Interimspräsident Adli Mansur, seinem Stellvertreter Mohammed ElBaradei, Regierungschef Hasem al-Beblawi und Armeechef Abdel Fattah al-Sisi getroffen. Darüberhinaus sprach sie mit Vertretern der Muslimbrüder, der Salafisten, der Bewegung 6. April und Tamarod (Rebellion). Die Bewegung 6. April war eine der ersten Gruppen, die im Januar 2011 zu Demonstrationen gegen Husni Mubarak aufgerufen hatten; Tamarod hatte in den vergangenen Monaten Unterschriften gegen Mursi gesammelt und zu den großen Demonstrationen aufgerufen.
Ahram online wies darauf hin, dass wegen Ashtons Besuch die angekündigte Auflösung der Protestcamps der Muslimbrüder verschoben wurde. Gleichzeitig hieß es unter Berufung auf europäische Diplomaten, dass mögliche Maßnahmen wie die Wiederzulassung verbotener islamistischer Medien oder die Beschlagnahme von Geldern führender Muslimbrüder erst dann in Erwägung gezogen werden könnten, „wenn die Sit-ins friedlich aufgelöst sind“.
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