EU-Aufbauplan gegen Corona-Krise: Der Widerstand wächst
Mit 750 Milliarden Euro Schulden will die EU-Kommission Europa aus der Coronakrise führen. Doch die Rückzahlung ist unklar.
![Menschen in einer Eingangshalle. Menschen in einer Eingangshalle.](https://taz.de/picture/4194735/14/eu-recovery-corona-wirtschaft-wiederaufbau-plan-1.jpeg)
Die EU-Kommission nennt ihn „historisch“. Doch der 750 Milliarden Euro schwere Wiederaufbau-Plan aus Brüssel stößt auf wachsenden Widerstand. Nicht nur die „sparsamen vier“ EU-Länder Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden haben Bedenken gegen das schuldenfinanzierte Programm. Auch im Europaparlament regt sich Kritik.
„Je tiefer man sich in die Recovery-Pläne der EU-Kommission einliest, desto mehr Veränderungswünsche bekommt man“, sagt Rasmus Andresen. Der grüne Europaabgeordnete sorgt sich, dass am Ende nicht genug Geld für den Klimaschutz übrig bleibt. Das schuldenfinanzierte „Recovery“-Instrument läuft nach drei Jahren aus. Danach gilt wieder das reguläre, auf Kante genähte EU-Budget. „Dabei muss das Budget strukturell gestärkt werden, um die Klimakrise zu bekämpfen und die EU klimaneutral zu machen“, sagt Andresen. „Drei starke Jahre reichen nicht aus.“
Kritik kommt auch vom CSU-Finanzexperten Markus Ferber. Die EU-Kommission lasse einen Plan zur Rückzahlung der Schulden vermissen, so Ferber. „Die Mitgliedstaaten und auch das Europäische Parlament müssen auf ein seriöses Finanzierungskonzept drängen. Andernfalls platzt am Ende der ungedeckte Scheck“, warnt Ferber. Zur Finanzierung des Wiederaufbaus müssten Unternehmen und Reiche beitragen, fordert der linke Europaabgeordnete Martin Schirdewan. „Die Linksfraktion im Europäischen Parlament fordert daher eine einmalige Vermögensabgabe, eine umfassende Finanztransaktionssteuer sowie eine gerechte Digitalsteuer.“
Bisher setzt die Brüsseler Behörde vor allem auf neue EU-Steuern und Abgaben – etwa eine Digitalsteuer oder eine CO2-Grenzabgabe. Doch bisher existieren diese „Eigenmittel“ nur auf dem Papier. Wenn die 27 EU-Staaten sich nicht einigen, müssen die Schulden aus dem EU-Budget abgestottert werden – zulasten anderer Aufgaben. Bisher sind die Mitgliedstaaten jedoch nicht von dem Entwurf der EU-Kommission überzeugt, „Das Gesamtpaket ist volumenmäßig und inhaltlich für uns in der derzeitigen Form nicht akzeptabel“, sagte Österreichs Finanzminister Gernot Blümel am Dienstag. Die Idee eines Wiederaufbaufonds sei gut, die Umsetzung nicht.
Wie groß der Widerstand wirklich ist, dürfte sich beim nächsten EU-Gipfel am 19. Juni zeigen. Bis zu einer Einigung seien womöglich zwei weitere Gipfel im Juli nötig, heißt es in Brüssel. Sie würden dann unter deutschem EU-Vorsitz stattfinden, so dass Kanzlerin Angela Merkel das letzte Wort haben könnte. Sie hatte zusammen mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Vorlage für den nun geplanten Wiederaufbaufonds geliefert. Zugleich hat sie Coronabonds eine Absage erteilt. Deutschland gibt auch bei den nationalen Maßnahmen gegen die Coronakrise den Ton an – zuletzt mit einem 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramm.
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