ETA-Bombe gefährdet politische Fortschritte im Baskenland: Ratlose Nationalisten
Während in Madrid noch die „Schluß jetzt!“-Rufe der Großdemonstration vom Sonntag nachhallen, macht sich im Baskenland Ratlosigkeit breit. Am Freitag hat eine Bombe der baskischen Separatistengruppe ETA den Militäroffizier Pedro Antonio Blanco getötet; dies droht jetzt im Baskenland die politischen Bemühungen der letzten zwei Jahre zunichte zu machen.
Die Baskische Nationalistische Partei (PNV) und die Baskische Alternative (EA) – die beiden gemäßigt-nationalistischen Parteien – hatten sich bemüht, Euskal Herritarrok (EH) in die Regierungsverantwortung einzubinden. Gemeinsam mit dieser Wahlplattform des ETA-Umfeldes sollte versucht werden, eine politische Lösung für den bewaffneten Konflikt zu finden, der die Region seit 40 Jahren beherrscht. Der Erfolg schien ihnen Recht zu geben. ETA rief 1998 einen einseitigen, unbefristeten Waffenstillstand aus. EH schloss mit PNV und EA ein Legislaturabkommen, um deren Minderheitsregierung zu stützen. Jetzt, nach dem Toten von Madrid, scheint diese Politik der Befriedung gescheitert zu sein, die Nationalisten sitzen vor einem Scherbenhaufen.
Trotz monatelangem Taktieren ist es dem baskischen Regierungschef Juan José Ibarretxe nicht gelungen, EH zu einer Verurteilung der Gewalt zu bewegen. Die Formation steht selbst jetzt nach dem Anschlag treu zur ETA. EH-Sprecher Arnaldo Otegi warf einmal mehr allen politischen Kräften eine sture Haltung in der Baskenfrage vor. Damit seien sie am jetzigen Attentat mitschuldig. Die EH-Anhänger gingen noch einen Schritt weiter und griffen Teilnehmer der Schweigekundgebungen an, zu der die baskische Regierung in mehreren Städten aufgerufen hatte.
Durch den Anschlag gerät die baskische Regierung in eine schwere Krise. Der Flügel, der die Annäherung an das ETA-Umfeld stets kritisch sah, meldet sich immer lauter zu Wort. Gleichzeitig droht der PNV ihr Werk schlechthin auseinderzubrechen: der Pakt von Lizarra. Das Bündnis aus 23 baskischen Parteien, Gewerkschaften und gesellschaftlichen Organisationen legte einst den Grundstein für den Waffenstillstand der ETA. Damals hatte sich das Bündnis verpflichtet, alles zu tun, um eine Dialoglösung zu finden, sobald die Waffen ruhen. Jetzt, wo ETA zur Politik der Anschläge zurückgekehrt ist, könnte das Bündnis auseinander fallen. Die Zukunft im Baskenland ist wieder unsicher.
Reiner Wandler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen