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ENBW-Deal in Baden-WürttembergMappus' kleine Schredderparty

Als er das Amt verließ, ließ Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident seine Festplatte zerstören. Wichtige Daten zum ENBW-Deal könnten vernichtet worden sein.

Was war auf Mappus' Computer abgespeichert? Bild: dpa

STUTTGART dapd | Zentrale Daten unter anderem zum umstrittenen EnBW-Aktiendeal sind möglicherweise unwiederbringlich gelöscht. Der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat nach seiner Abwahl im März 2011 offenbar Daten beseitigen lassen. Die Stuttgarter Zeitung berichtete unter Berufung auf Mappus' Anwälte, dieser habe die Festplatte seines Arbeitscomputers im Staatsministerium ausbauen und vernichten lassen.

Darauf hätten sich „zahlreiche CDU-Dateien, private Dateien unseres Mandanten sowie Dritter“ befunden, zitierte das Blatt die Anwälte. Die Juristen nannten dies eine „völlig übliche Verfahrensweise“, die Löschaktion sei zudem „kein Geheimnis“ gewesen.

Das heute von den Grünen geführte Staatsministerium sowie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zeigten sich der Zeitung zufolge jedoch überrascht. Die grün-rote Landesregierung hatte nach der Regierungsübernahme nach Unterlagen über den umstrittenen EnBW-Aktienankauf durch Mappus gesucht und kaum Dokumente gefunden.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile gegen Mappus im Zusammenhang mit dem Geschäft wegen Untreue. Dazu hatten die Ermittler unter anderem dessen Wohnhaus in Pforzheim sowie zahlreiche Geschäftsräume auch von Beratern durchsucht. Von einer Durchsuchung des Staatsministeriums hatte die Behörden laut der Zeitung aber abgesehen, da Mappus dort keinen Arbeitsplatz mehr hat.

Die schwarz-gelbe Landesregierung unter Mappus hatte im Dezember 2010 für knapp 4,7 Milliarden Euro einen Anteil von rund 45 Prozent an der EnBW vom französischen Stromkonzern EdF zurückgekauft. Das am Parlament vorbei eingefädelte Geschäft wurde vom baden-württembergischen Staatsgerichtshof im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt. Der Rechnungshof rügte zudem zahlreiche Rechtsverstöße und eine unzureichende Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die von Mappus eingesetzten externen Berater.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richten sich nicht nur gegen den früheren Regierungschef. Gegen zwei Ex-Kabinettsmitglieder wird ebenfalls wegen Untreue und gegen den ihn beratenden Investmentbanker Dirk Notheis wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt.

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12 Kommentare

 / 
  • UD
    Ulrich Dürr

    Zitat Peter:

    "Immer wieder gleiches vorgehen wie bei den Bundeslöschtagen.

    Wie kommt ein Mappus darauf, dass es "seine Festplatte" ist?"

    Zitatende

     

    Ganz einfach, er war der Meinung ganz Baden-Württemberg gehört ihm.

     

    Zitat Peter:

    "Mit welchem Recht kann ein Minister Staatseigentum evtl. Staatsgeheimnisse von externen Firmen auf Anweisung vernichten lassen?

     

    Unterliegen externe EDV-Firmen nicht bestimmten Gesetzen, damit gerade kein Alleingang bestimmter Personen durchgeführt werden kann?

    Statt Datenschutz/Vertraulichkeit Datenvernichtung?

    "

     

    Dazu brauchte er keine externe Firma, das hat die EDV-Abteilung des Landtages für ihn erledigt und die ausgebaute Festplatte auf seinem Schreibtisch hinterlegt.

     

    Und als rot-grün verzweifelt nach den Daten gesucht hat, hat die Abteilung kkeinen Muck von sich gegeben. Hat halt Vorteile, wenn man (CDU) Parteifreunde in allen Funktionen platziert hat.

     

    hier ewtas ausfühlrichere Infos:

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.datenvernichtung-in-der-villa-reitzenstein-die-datenvernichtung-stoesst-auf-scharfe-kritik.5324a011-5b56-43e8-88d3-226b504f4928.html

     

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.wirbel-um-mappus-computer-datenvernichtung-wird-untersucht.64fc7f71-ea57-4d88-b94e-0e4089994919.html

     

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kommentar-zu-mappus-brisante-saeuberung.ad98c7ac-2335-4790-9f84-f9fcd0f32b12.html

     

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.loeschung-im-staatsministerium-mappus-liess-daten-vernichten.48d519d2-1bdf-4f47-b45d-0916e748972b.html

  • L
    Lobo

    Ein vertrauenswürdiges Antlitz! Von der Politik kann man viel lernen-, aber nur schlechtes!

  • P
    Peter

    Immer wieder gleiches vorgehen wie bei den Bundeslöschtagen.

    Wie kommt ein Mappus darauf, dass es "seine Festplatte" ist?

    Mit welchem Recht kann ein Minister Staatseigentum evtl. Staatsgeheimnisse von externen Firmen auf Anweisung vernichten lassen?

     

    Unterliegen externe EDV-Firmen nicht bestimmten Gesetzen, damit gerade kein Alleingang bestimmter Personen durchgeführt werden kann?

    Statt Datenschutz/Vertraulichkeit Datenvernichtung?

     

    Irgendwas stimmt in der Vertragsebene Staat-EDV Firmen nicht.

    Wo wir doch so viele verstaatlichte Transferempfänger namens Politjuristen finanzieren.

     

    Dem unwürdigen Mappus sollte sein Universitäts Titel aberkannt werden! Das würde gehen.

     

    Eine wichtige Frage wäre auch, wofür ist das Bundesarchiv und das Bundesarchivgesetz vorhanden, wenn Politiker sich nicht an eigene Gesetze halten?

     

    Beispiel, erst nach Jahrzehnten hat der BND die Daten der Organisationseinheit 85 dem Bundesarchiv übergeben. Sie ist dort unter der Signatur BArch B 206/1976, fol. 1 – 94 zu finden.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesarchivgesetz_%28Deutschland%29

    Bundesarchivgesetz gesamt als PDF~400kb

    http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/barchg/gesamt.pdf

    In diesem Gesetz basteln unsere UNCAC UnPolitiker wieder herum.

     

    Die Petition von Abgeordnetenwatch zur Umsetzung UNCAC sollten demokratische Bürger die auf rechtsstaatlichem Boden stehen wollen, unterschreiben.

    "Am 17. Oktober 2012 wird sich der Bundestag mit dem Thema Abgeordnetenbestechung befassen. Bis dahin wollten wir 10.000 Unterschriften sammeln, um sie dem Rechtsausschuss zu überreichen."

  • S
    strooker

    Naja, an alle, die durchaus nicht zu unzurecht von krimineller Energie sprechen - ein "Profi" (das ist maßlos übertrieben) hätte die Platte einfach gegen eine Neue gleicher (oder ähnlicher) Bauart ausgetauscht, das Betriebssystem installiert und vielleicht ein paar dienstliche Daten von der alten Platte rübergezogen. Möglicherweise wäre das gar nicht aufgefallen ... aber "Holzhammer"-Mappus ist eben nicht so subtil.

     

    Jedenfalls will ich damit nur verdeutlichen wie leicht es ist unliebsame Daten verschwinden zu lassen, wenn man vollständigen Zugriff darauf hat (also kein Backup oder Logs woanders).

  • DA
    Der Alzheimer Bote

    Und wo ist das Backup?

  • H
    Hans

    Der Mappus mal wieder. Drollig.

     

    Aber bitte: „völlig übliche Verfahrensweise“???

    -Erstens haben auf seinem Arbeistrechner Privatdaten eigentlich nix verloren

    -Zweitens, ist der Rechner Eigentum des Landes bzw. des Ministeriums und somit muss dies genehmigt werden

    -Drittens: WTF???

     

    Ich plädiere auch für Stammheim!!1!

  • K
    Kommentator

    Das hat gute CDU-Tradition: http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesl%C3%B6schtage

     

    GvH

  • BA
    bezahlte Arbeit suchende Archivarin

    Herr Mappus hat verdeutlicht, dass ihm ArchivarInnen am 'Allerwertesten' vorbeigehen.

    Mappus hat damit gezeigt, welche Wertschätzung der den VerwalterInnen öffentlichen und privaten Lebens der BRD zuerkennt - nämlich keinen.

    Vielleicht sollte Mappus sich mal über den Beruf der Archivarin sachkundig machen?

    Auf Schriftgutvernichtung (ein Akt von Betrug) steht mitunter Haft als Strafe! Mappus, seien Sie ein Mann und begehren Sie Unterkunft für eine lange Weile in Stuttgart-Stammheim! Das stände Ihnen gut zu Gesicht!

  • A
    antares56

    Es ist immer wieder erstaunlich, wie Menschen mit hoher krimineller Energie in die höchsten Ämter kommen können!

  • C
    commonman

    three laws of robotics > http://commonman.de/wp/?page_id=3724

  • G
    gundi

    "Als er das Amt verließ, ließ Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident seine Festplatte zerstören." Freud'sche Phantasie oder schnodderiger Stil? Gleich ob Mappus' Erinnerungsvermögen oder auch nur die Festplatte seines Arbeitscomputers mit „zahlreichen CDU-Dateien, privaten Dateien unseres Mandanten sowie Dritter“ - die Löschung/Zerstörung, welche seine Anwälte eine "völlig übliche Verfahrensweise" nennen erinnert an die Datenlage nach Abtritt Kohls. Es darf eben nicht völlig übliche Verfahrensweise sein und entweder handelt es sich um dienstliche Ausrüstung, auf welcher nicht-dientsliche Daten keinen Platz haben, oder die nicht-dienstlichen Daten dürfen offengelegt werden. ... alles andere ist kriminell und sollte verfolgt werden.

  • T
    Tony

    Wer wie Mappus Informationen vernichten lässt der zeigt damit doch offensichtlich dass er davon ausgeht dass ihm die Information schaden würden... und dass es für Juristen normal ist dass Regierungschefs sich auf diese Art der Verantwortung entziehen und es unmöglich wird ihre Regierungsarbeit zu analysieren zeigt doch deutlich wie sehr mit zweierlei Maß gemessen wird - möchte den Unternehmer sehen der bei Insolvenz einfach alle Daten löscht. Gibt es zwar sicherlich ist aber definitiv hart an der Grenze.