Terrorangst, Hooligans, Brexit: Die EM war politisiert wie nie. Doch der Sport holte sich zurück, was ihm gehört. Zum Glück.
Hier ging's schon längst nicht mehr um Politik, sondern um Fußball
Foto:
dpa
Was für ein Drama! Cristiano Ronaldo, der Mann, der Portugal war, konnte nicht mehr. Und dann kam ein gewisser Éder, und Portugal war plötzlich Europameister. Wo spielt der eigentlich? Und wieso ist ausgerechnet Portugal Europameister? Haben die das überhaupt verdient? Der Defensivfußball hat diese EM dominiert. Der Dominanzfußball ist gescheitert. Wie finden wir das eigentlich? Moment mal. Worüber reden wir denn da am Tag nach dieser EM? Genau – wir reden über Fußball.
Es ist beinahe schon ein Wunder, dass sich der Sport dieses Turnier zurückgeholt hat. Als die französische Nationalmannschaft vor gut vier Wochen das Turnier mit dem Spiel gegen Rumänien eröffnet hat, hätten das wohl die wenigsten so vorhergesagt.
Die Fragen, die gestellt wurden, waren andere. Ob Fußball in Zeiten des IS funktionieren kann, wurde da gefragt. Es ging um die Zerrissenheit des Gastgeberlandes und darum, ob die französische Auswahl wohl etwas dazu beitragen könne, das Land zu befrieden.
Von Europa war ganz oft die Rede und davon, ob die Fußball-EM dazu beitragen könne, den Kontinent zu einen. Und dann kamen die russischen Hooligans. Schnell kam der Verdacht auf, die Schläger seien von Wladimir Putin selbst nach Frankreich geschickt worden, um den Westen zu destabilisieren.
Italien sorgte für Wiederbelebung der Manndeckung
Diese EM war politisch aufgeladen wie selten ein Turnier zuvor. Der Fußball gab zunächst nur die Kulisse ab für den ganz großen gesellschaftlichen Diskurs. Dann kam Island und schlug England, und der Brexit musste nur noch für ein paar schlechte Wortspiele herhalten.
Es kamen die Italiener, die gegen den Titelverteidiger Spanien der guten alten Manndeckung zu neuen Ehren verholfen haben. Es kam Deutschlands Turnier-Aus gegen gewitzte Franzosen. Und als die dann ihr Finale daheim verloren hatten, sprach niemand mehr davon, dass sich diese Niederlage zu einem Trauma für die geschundene Nation auswachsen könnte.
EMtaz: Bilder, die bleiben
Buffon feierte den 2:0-Sieg gegen Spanien im Achtelfinale, indem er aufs Tor kletterte. Zum Glück musste niemand die Feuerwehr rufen, um den 38-Jährigen wieder von der Latte zu holen.
Foto:
reuters
Circa zehn Prozent der isländischen Bevölkerung (330.000 Einwohner) sollen zur EM 2016 in Frankreich gereist sein. Gut möglich, dass sich einige von ihnen in diesem Bart verbergen.
Foto:
reuters
Islands Kapitän Aron Gunnarsson bereitete mit weiten Einwürfen auf den Innenverteidiger-Hünen Kari Arnason gleiche mehrere Tore vor. England wird sich erinnern. Auch sein Bart ist ein Prachtexemplar.
Foto:
reuters
Original-Zitat der Wales-Fans: "Don't take me home, please don't take me home. I just don't wanna go to work, I wanna stay here and drink all ya beer! Please don't, please don't take me home!" Bis ins Halbfinale trugen die Fans ihr Team. Hier trifft Gareth Bale gegen England.
Foto:
reuters
Vereinzelt gab es auch nette englische Fans in der Kurve. Daneben ein kleines Mädchen.
Foto:
reuters
Menschgewordener Fan-Freundschaftsschal, gewidmet der deutsch-slowakischen Fanfreundschaft. Die herzlosen Deutschen gewannen trotzdem im Achtelfinale mit 3:1. Ob diese beiden Fans auch nach dem Spiel noch Facebook-Freunde sind, ist nicht überliefert.
Foto:
reuters
Ab diesem Zeitpunkt lief es für die Franzosen. Griezman erzielte beide Tore zum 2:1 nach einem Rückstand gegen die Iren. Im Viertelfinale schlug Frankreich Island mit 5:2, im Halbfinale die Deutschen mit 2:0.
Foto:
reuters
Zlatan Ibrahimovic machte gegen Belgien sein letztes Spiel für Schweden. Leider qualifizierte sich der Rekordnationalspieler (116 Spiele, 62 Tore) nach der 1:0-Niederlagede nicht für die Achtelfinale. Obwohl: Wenn man sich es recht überlegt, hat sich eigentlich das Achtelfinale nicht für Ibra qualifiziert. So oder so: Schnüff.
Foto:
reuters
Super-Idee von Teilen des kroatischen Anhangs: Einfach mal ganz viel Pyro und Böller auf den Rasen schmeißen. Anschließend prügelten sich kroatische Fans untereinander. Besonders clever: Nach der Spielunterbrechung verspielte Kroatien noch eine 2:1-Führung gegen Tschechien. Endstand: 2:2.
Foto:
reuters
Let the games begin: Dimitri Payet eröffnete die EM offiziell gegen mit einem Fernschuss-Traumtor gegen Rumäninen. Auch im zweiten Gruppenspiel gegen Albanien gelang dem 29-Jährigen ein schönes Tor zum 2:0. Er war der erste Star der EM, ließ zum Ende allerdings etwas nach.
Foto:
reuters
Ekelhafter Defensivfußball, aber eine Mannschaft aus einem Guss: Hüpfende Portugiesen freuen sich nach ihrer Qualifikation für die nächste Runde, ...
Foto:
reuters
...nach Ricardo Quaresmas 1:0 gegen Kroatien im Achtelfinale. Erst in der 117. Minute schickte der Stürmer die Kroaten nach Hause. Die 116 Minuten davor waren die reinste Quälerei.
Foto:
reuters
Didier Deschamps beschwerte sich, dass nach einem AC/DC-Konzert der Rasen in Marseille in miserablem Zustand gewesen sei. Ach, der Rasen war schuld, dass Frankreich ins Finale gekommen ist.
Foto:
reuters
Schon jetzt eine Legende: der Volunteer, der das Mannschaftsfoto von Portugal photobombte. Neben ihm steht ein berühmter Fußballer und Selfie-Experte, der die Aktion gut findet.
Foto:
ap
Schön geflogen, unschön rausgeflogen: Schweden verliert gegen Belgien mit 0:1.
Foto:
reuters
Xherdan Shaqiri schießt mit einem Fallrückzieher gegen Polen das schönste Tor des Turniers. Mit dem Traumtor machte er das 1:1, in der anschließenden Verlängerung war die Schweiz zwar überlegen, verlor jedoch im Elfmeterschießen.
Foto:
reuters
Wales-Fans, mussten leider doch nach Hause irgendwann.
Foto:
reuters
Russische Hooligans machen mit Native Advertising im britischen Block Werbung für die WM 2018.
Foto:
Imago / Sportimage
Schweizer Trikots: Beschissen, weil gerissen.
Foto:
ap
Boateng I., Fußarbeit gegen die Ukraine.
Foto:
dpa
Boateng II., Handarbeit gegen Italien.
Foto:
dpa
Trainer Ronaldo, Co-Trainer Santos. Der galaktische Supersuperstar von Real Madrid wechselte nach seiner Verletzung in der achten Minute des Finales auf die Bank und sicherte sich den ersten Trainertitel seiner Karriere.
Foto:
reuters
Anschließend durften die Portugiesen Galão und Portwein aus dem EM-Pokal schlürfen. Lecker. Und ein Bild für die Ewigigkeit – zumindest für alle Portugiesen. Es ist der erste große internationale Titel für das Land mit zehn Millionen Einwohnern.
Foto:
ap
Der Fußball hat die Regentschaft über sein eigenes Turnier zurückgewonnen. Das kann man als politische Botschaft lesen. Es ist der große Erfolg dieser EM. Ob das bei den nächsten Fußball-Events noch einmal gelingen kann, bleibt abzuwarten. Die Weltmeisterschaft 2018 findet in Russland statt. Es wäre zu schön, wenn der Fußball auch dieses Turnier gewinnen würde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!
Jetzt unterstützen