EMtaz: Die Belgier versagen, mal wieder: Goldene Generation, my ass!
Hipster-Liebling Belgien wird auch bei dieser EM nichts gewinnen. Schuld sind eine alternde Abwehr und ein fehlendes Offensivkonzept. Schwach.
P ublic Enemy haben es gewusst. Bereits 1988 rappte das Hip-Hop-Kollektiv „Don't believe the hype“, da waren die meisten Spieler der aktuellen belgischen Mannschaft noch nicht einmal geboren. Und doch passt der Slogan auf das im Vorfeld der EM vom Geheimfavoriten zum Favoriten beförderte Team.
0:2 gingen die „Roten Teufel“ gegen eine erfahrene und abgewichste italienische Mannschaft unter. Die besteht zwar kaum aus überragenden Einzelkönnern, funktionierte aber als Kollektiv wesentlich besser als Wilmots' Truppe und kochte Belgien mit einem aggressiven Defensivverhalten und einer effizienten Chancenverwertung ab. Dabei wirkte das talentierte belgische Team einmal mehr wie eine Horde 14-Jähriger auf Klassenfahrt, die von ihrem strengen Mathelehrer humorlos wieder eingefangen werden.
Der belgischen Mannschaft droht das gleiche Schicksal wie der englischen in den 00er Jahren. In ihren Vereinen waren Michael Owen, David Beckham, Steven Gerrard und Co. Stars – allein sie funktionierten nicht als Mannschaft. Dazu kam das Selbstverständnis, dass alles unter Halbfinale des Teams nicht würdig sei. Tatsächlich war bei allen großen Turnieren in dieser Zeit spätestens im Viertelfinale Schluss.
Dort strandete auch Belgien bei der WM vor zwei Jahren mit einem 0:1 gegen Argentinien. Eine Entwicklung blieb das Team bislang schuldig. Vielmehr blendete eine starke EM-Qualifikation gegen Teams aus Wales, Bosnien-Herzegowina und Andorra über das tatsächliche Leistungsvermögen der Belgier hinweg. Sieben Siege und nur eine Niederlage aus zehn Spielen ließen die „Red Devils“ mehrere Monate von Platz eins der Fifa-Weltrangliste winken. Die Erwartungshaltung an das kleine Land ist in dieser Zeit ins Astronomische gestiegen. Fußballstammtische und Kolumnisten lobten das unbekümmerte Offensivspiel, GelegenheitszuschauerInnen hatten ihren Lieblingsunderdog gefunden – eine sympathische Alternative zu den Dauerfavoriten Deutschland und Spanien. Dem Fußball wurde sogar zugetraut, das tief gespaltene Land zu einen.
Nun hat eine Mannschaft nur geringen Einfluss darauf, wie sie von Medien und Fans gesehen wird, doch die belgische Mannschaft spielte das Spiel mit. Eden Hazard sprach auf einer Pressekonferenz zur EM kürzlich vom „Moment, auf den das ganze Land wartet, auf den die ganze ‚Goldene Generation‘ wartet.“
Gute Einzelspieler, fehlendes Teamwork
Keine Frage, vom Talent her könnte Belgien eine ganze Vorrundengruppe mit guten bis sehr guten Offensivspielern ausstatten. Allein, Marc Wilmots gelingt es nicht, die Einzelkönner in ein Konzept einzubetten, das sie ihre individuellen Stärken voll ausspielen lässt. Unter Anleitung des ehemaligen Wadenbeißers im Schalker Mittelfeld wirken sie in wichtigen Spielen wie ein willkürlich zusammengesetztes Mosaik, unfähig ein Gesamtbild zu ergeben. Frustriert suchen sie ihr Heil in Einzelaktionen oder tauchen gänzlich unter. Nach Kapitän und Chelsea-Star Eden Hazard wurde im Italien-Spiel auf Twitter gar zwischenzeitlich gefahndet: „Wer hat diesen Mann gesehen?“
Schaut man auf das Alter der Angriffsreihe, dann besteht für Belgien selbst im Falle eines vorzeitigen Aus bei der EM noch Hoffnung auf folgende Turniere. Hazard ist 25, Stürmer Romelu Lukaku 23 und Dribbler Kevin De Bruyne 24. Als Knackpunkt könnte sich jedoch die Defensive erweisen. Nach dem Karriereende von Daniel van Buyten und der Verletzung von Vincent Kompany fehlt der Abwehrreihe ein Leitwolf. Zudem steht hier in den kommenden Jahren ein Umbruch bevor. Die etablierten Kräfte sind allesamt Ende 20 bis Anfang 30, die nachrückende Generation spielt aktuell bei KRC Genk, Galatasaray Istanbul und KV Oostende.
Dass die EM für Belgien zur kompletten Blamage wird, steht indes nicht zu befürchten. Gegen das „One-Trick-Pony“ Schweden und engagierte, aber limitierte Iren sollte sich Belgien locker ins Achtelfinale spielen. Spätestens in der KO-Runde jedoch wird die Mannschaft auf weitere ausgebuffte Teams wie Italien treffen. Die „Goldene Generation“ muss aufpassen, dass sie nicht im Altmetall landet.
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