EMtaz: Achtelfinale Ungarn – Belgien: Die Zeit der Außenseiter ist vorbei

Das belgische Team macht endlich deutlich, mit welchem Anspruch es zur EM angetreten ist. Ungarn schlägt sich tapfer – und verliert dennoch hoch.

Ein Spieler beim Salto

Perspektivwechsel: Michy Batshuayi freut sich nach seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 Foto: ap

Die Startbedingungen: Das Überraschungsteam Nr. 1 trifft auf eine der bisherigen Enttäuschungen.

Der geheimste aller Geheimfavoriten des Turniers war Ungarn. Im Tor steht mit Hertha-Legende Gábor Király ein Mann, dem man sein fortgeschrittenes Alter durchaus ansieht. Zum besten Ungarn der Vorrunde hat sich Bremens Kleinheisler entwickelt, der heute verletzungsbedingt ausfällt. Ein Aus im Achtelfinale dürfte die Jubelstimmung kaum trüben.

Auf der anderen Seite eine Mannschaft voller hervorragender Spieler aus den tollsten Clubs der besten Ligen, die gleichwohl Gefahr läuft, zum Nachfolger der „goldenen Generation“ Portugals zu werden: Geheim ist der Favoritenstatus Belgiens längst nicht mehr, aber vor allem das erste Gruppenspiel gegen Italien hat die Zweifel verstärkt, ob es zu einem großen Titel reichen könnte.

Das Vorurteil: Die Zeit der Außenseiter war die Vorrunde, mit Beginn der K.O.-Runde wird sich überlegene Qualität durchsetzen. Keine Chance für die Ungarn.

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Das Spiel: Belgien versucht von Beginn an, zu Abschlüssen zu kommen. Wirklich gefährlich wird es zum ersten Mal nach neun Minuten: Freistoß von halblinks, De Bruyne zieht den Ball hoch vor den Fünfmeterraum, wo Alderweireld auch von seinem Mitspieler Lukaku nicht am Kopfball gehindert werden kann – Führung für Belgien. Nach 14 Minuten läuft De Bruyne alleine auf Kiraly zu und scheitert am Mann mit der bereits recht fleckigen Hose. Der sieht in dieser Szene deutlich besser aus als eine Minute später sein belgisches Gegenüber Courtois, der über seine eigene Füße stolpert und Glück hat, dass der Ball nicht nur an ihm, sondern auch am Tor vorbeikullert. Die Ungarn verlieren den Ball nun meist schon im Mittelfeld, nach einer halben Stunde hält Kiraly den nächsten Versuch von De Bruyne, kurz danach verzieht Lukaku freistehend, und weitere zwei Minuten später lenkt Kiraly einen De-Bruyne-Freistoß an die Latte – gelernt ist gelernt. Es dauert einige Minuten, bis die Ungarn noch mal aus der eigenen Hälfte kommen, dann schießt Lovrencsics überraschend knapp übers Tor, wenig später Dszudszák ähnlich knapp daneben – Ungarn bleibt im Spiel und geht mit knappem Rückstand in die Pause.

Wenige Sekunden nach der Pause scheitert Hazard, und dann tauchen plötzlich die Ungarn im belgischen Strafraum auf – Szalai köpft knapp daneben. Viel mehr kommt dann aber doch nicht, und nach einer knappen Stunde beginnt Belgien wieder, Király die Bälle um die Ohren zu hauen. Die Ungarn werden nun langsam ruppiger, und als man denkt, sie wären drüber, zieht Pintér aus gut zwanzig Metern ab und zwingt Courtois an die Arbeit, und Juhász schießt zwei Minuten später knapp am langen Pfosten vorbei. Der ungarische Druck reicht nun immerhin, um Belgiens Vermaelen zu einem Gelb-Foul zu nötigen, das ihn die Teilnahme am Viertelfinale kostet, aber das war's dann auch: Nach 77 Minuten zaubert sich Hazard durch Ungarns Abwehr, flankt dem gerade eingewechselten Batshuayi den Ball vor die Füße, der aus sieben Metern freistehend trifft und mit einem gekonnten Flic-Flac feiert. Das Spiel ist entschieden. Eine Minute später macht sich Hazard nicht mehr die Mühe, einen Mitspieler zu suchen, und trifft selbst zum 3:0, in der letzten Minute darf auch der eingewechselte Carrasco mal und erzielt Belgiens Tor Nummer 4. Ergebnis: Ungarn 0, Belgien 4

Der Spieler des Spiels: Eden Hazard. Nicht immer war in der Vergangenheit bei Turnieren zu erkennen, warum Belgiens 10 zu den besten Spielern der Premier League gezählt wird. Heute zauberte und kämpfte, passte und tackelte, flankte und traf er – und hat noch immer Luft nach oben, weil längst nicht jeder Pass ankam.

Die Pfeife des Spiels: Ach, warum so garstig… Einige ungarische Spieler waren leicht überfordert, die Torrichter hatten gelegentlich eine eigenwillige Wahrnehmung in der Beurteilung, wer zuletzt am Ball war, Batshuayi hätte sich die gelbe Karte kurz vor Schluss sparen können – aber beschimpfen muss man deshalb nun auch niemanden.

Das Urteil: Die Zeit der Außenseiter war die Vorrunde, in der K.O.-Runde setzt sich überlegene Qualität durch. Ob Belgien aber wirklich auch gegen die Stärksten glänzen kann, bleibt abzuwarten.

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