EM-Qualifikation des DFB-Teams: Generation Reus rückt an
Beim ersten Gruppenspiel gegen Schottland tragen vor allem die Nicht-WM-Fahrer eine große Verantwortung. Denn richtig fit ist niemand.
Eigentlich schade, dass deutsche Nationalspieler so gut umsorgt werden, dass sie überall bis vor die Eingangstür gefahren werden. Beim Umzug des DFB-Trosses ins Sportzentrum Kamen-Kaiserau hat das nämlich die Akteure von Borussia Dortmund um erhebende Momente gebracht – hätten sie den Fußweg vom Bahnhof genommen, wären ihnen die vielen schwarz-gelben Fähnchen an den Häuserfassaden aufgefallen. Die Umgebung eines von vielen Spitzensportlern besuchten Leistungszentrums scheint mehrheitlich von Sympathisanten von Borussia Dortmund bewohnt zu sein.
Insofern war es eine gute Idee, am Freitag neben Torwarttrainer Andreas Köpke zum Pressetermin in der Sportschule noch Marco Reus mitzubringen, der aus Dortmund stammt und zum umworbenen BVB-Protagonisten aufgestiegen ist. Der 25-Jährige gilt als Hoffnungsträger, wenn für den Weltmeister am Sonntag das erste EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland in Dortmund angepfiffen wird.
„Wir müssen sehr viel Geduld haben und gegenüber dem Argentinien-Spiel eine Schippe drauflegen“, warnte Reus, doch im selben Atemzug versicherte er, ungeachtet der vielen Ausfälle: „Wir haben immer noch ’ne Supertruppe.“ Zudem dürfe man sich auf ein Stadion „mit gigantischer Stimmung“ freuen.
Wenn er da mal nicht irrt: Rund 59.000 Karten sind erst verkauft, und weil Abertausende Tickets bei Eintrittspreisen zwischen 45 und 100 Euro noch zu haben sind, rührt der DFB noch kräftig die Werbetrommel. Ist die Kundschaft skeptisch ob der notgedrungen generalrenovierten Weltmeister-Elf? Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker sind verabschiedet, Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Mesut Özil und Mats Hummels verletzt – aber dafür gibt es ja die Generation Reus.
Deutschland - Schottland, Sonntag, 20.45 Uhr, RTL.
„Wir sind alle nicht bei 100 Prozent“
„Ich versuche einfach, jedes Spiel zu machen“, versicherte der, „dann komme ich automatisch in den Kreis derer, die Entscheidungen treffen.“ Eigentlich hätte der Wirbelwind vom linken Flügel diesen ja schon in Brasilien machen sollen, doch dann riss dem 22fachen Nationalspieler im letzten Vorbereitungsspiel ein Teil des Syndesmosebandes. „Das war deprimierend. Dass ich traurig war, ist klar.“
Immerhin: Die Verletzung ist weitgehend ausgeheilt. „Ich bin nicht bei 100 Prozent“, gestand Reus, „aber wir sind alle nicht bei 100 Prozent.“ Da hat er wohl recht. Vor allem die Defensive vor Interimskapitän Manuel Neuer ist derzeit eine Baustelle; sicher ist eigentlich nur, dass Jérôme Boateng in die Abwehrzentrale zurückkehrt. Als Nebenmann kommen Benedikt Höwedes und Matthias Ginter infrage, wobei beide gegen Argentinien genauso überfordert wirkten wie Kevin Großkreutz und Erik Durm auf den Außenbahnen.
Höwedes hat sich mit seinen WM-Leistungen eine Einsatzgarantie für morgen verdient; die Kardinalfrage lautet jetzt, wo Joachim Löw die Schalker Allzweckwaffe einsetzt. Ansonsten hat der Bundestrainer als häufiger Beobachter der Heimspiele des VfB Stuttgart noch ein Faible für Antonio Rüdiger entwickelt, der gegen Argentinien seinen dritten Länderspieleinsatz hatte. Köpke bestätigte, dass in internen Diskussion über mögliche Nachrücker der Name Holger Badstuber gefallen sei, der Torwarttrainer dementierte aber, der FC Bayern haben in dieser Causa interveniert. „Das können sie meines Wissens gar nicht ablehnen.“ Letztlich wurde am Donnerstag nur Sidney Sam nachnominiert.
Fakt jedoch ist, dass der Münchner Langzeitpatient schon mittelfristig wieder im Kreis der Nationalelf auftauchen soll und vielleicht sogar als Linksverteidiger benötigt wird. Solche Personaldebatten verraten: Das Angebot an Qualitätsspielern ist auf manchen Positionen im deutschen Fußball dünn. Einerseits. Andererseits sollte es reichen, um gegen die seit 1998 nicht mehr für WM oder EM qualifizierten Schotten einen Fehlstart abzuwenden.
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