...EIGENTLICH...

■ Interview mit Karl-Heinz Röhr, Journalistik-Professor in Leipzig

taz: Verträgt sich Ihr Lehrfach Marxismus-Leninismus mit kritischem Journalismus?

Karl-Heinz Röhr: Die kritischen Journalisten sind ja da. Sogar stark. Und eigentlich ist der Marxismus-Leninismus eine sehr kritische Weltanschauung. Man darf nur die Dialektik nicht mehr vernachlässigen.

Lehren Sie Ihr Fach weiter?

Ich unterrichte Gesellschaftstheorie überhaupt, und da gehört der Marxismus eben dazu. Das ist auch für einen linken Journalisten wichtig.

Bleiben Sie mit Ihrem Lehrstuhl der einzige Journalistenausbilder in der DDR?

Das ist ungewiß. Aber eigentlich war es schon immer bedauerlich, daß wir keine Konkurrenz hatten.

Wer kann jetzt in der DDR Journalist werden?

Wir haben das Delegierungsverfahren aufgehoben. Jeder kann sich jetzt frei bewerben. Und er muß auch keine Vorverträge mit irgendwem haben. Außerdem wollen wir den neuen politischen Gruppierungen helfen, Journalisten auszubilden.

Gilt für Sie der DDR-Medien-Grundsatz weiter, daß nur kritisiert werden soll, was auch gelöst werden kann?

Die Maxime hat schon ihre Berechtigung. Schließlich wollen wir ja etwas entwickeln und nicht immer nur zerstören. Doch man kann nicht so tun, als hätte man für alles eine Lösung. Früher ließ man mit der Begründung ungelöste Probleme einfach unter den Tisch fallen.

Haben Sie schon ein Konzept für die kommende Ausbildung?

Das wird gerade diskutiert, unter starker Beteiligung der Studenten.

Und im Moment herrscht Anarchie?

Es macht schon zur Zeit fast jeder einfach, was er will. Aber Anarchie? Auch die Studienordnungen deutscher akademischer Einrichtungen sind mit ein bißchen gutem Willen flexibel.

Das Gespräch führte Arne Völker

Karl-Heinz Röhr ist Professor an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Er unterrichtet dort das Fach „Grundlagen der Journalistischen Methodik“ in der Sektion Journalistik.