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EEG benachteiligt GroßanlagenBiogasparks in der Krise

Bisher haben die Biogasproduzenten gern viele kleine Anlagen in Parks zusammengefasst - wegen höherer Vergütungen. Das geht nun nicht mehr. Investitionen und Jobs wackeln.

Beide erzeugen Biogas. Doch manch professioneller Anlage droht aber die Insolvenz - den Kühen nicht. Bild: dpa

Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) droht die ersten Biogasprojekte in die Insolvenz zu stürzen. Das seit Jahresbeginn geltende neue Gesetz kürzt Anlagenparks die Einspeisevergütungen. Der entscheidende Punkt findet sich in Paragraf 19: Stehen mehrere Kleinanlagen "in unmittelbarer räumlicher Nähe", gelten diese als eine Großanlage. Da Großanlagen pro erzeugter Kilowattstunde geringere Vergütungen erhalten, kommt dieser Passus einer zum Teil drastischen Kürzung der Einnahmen gleich. Bundesweit sollen 250 Projekte von der Gesetzesnovelle betroffen sein. Am härtesten trifft es den Biogas-Anlagenpark Klarsee in Penkun in Mecklenburg-Vorpommern. Er besteht aus 40 Anlagen zu 500 Kilowatt und bekommt nun 45 Prozent weniger Einspeisevergütung als kalkuliert. Die Anlagen gehören 5.600 Investoren, vor allem Kleinanlegern. Der Fonds wurde auch über Volks- und Raiffeisenbanken vertrieben. "Der durchschnittliche Investor ist 55 Jahre alt, das heißt, es geht um seine Altersvorsorge", sagt Georg Stieler von der Nawaro Bioenergie AG, die den Fonds aufgelegt hat.

Alleine am Biogaspark Penkun hängen nach Betreiberangaben direkt 50 Arbeitsplätze und indirekt noch einmal so viel. In der Region mit 28 Prozent Arbeitslosigkeit ist die Anlage der größte Arbeitgeber. Auf einer Fläche von 20 Fußballfeldern wurden 78 Millionen Euro investiert. Der erzeugte Strom reicht aus, um 40.000 Haushalte zu versorgen. Noch im Sommer 2007, am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm, hatte das Bundeswirtschaftsministerium in einer Broschüre zum "Land der Ideen" die Anlagen als Vorzeigeprojekt gefeiert.

Auf juristischer Ebene ist der Kampf gegen die Insolvenz schon verloren. Ein Antrag der Betreiber beim Bundesverfassungsgericht auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war vergangene Woche vom Ersten Senat mit fünf gegen drei Stimmen abgelehnt worden. Bis zu einem Urteil in der Hauptsache können Jahre vergehen. Einigen Projekten dürfte bis dahin das Geld ausgehen.

Letzte Rettung erhoffen sich die Biogasanlagenbetreiber von der Politik. Bereits am 28. November 2008 hatte der Bundesrat einen Antrag der Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf Nachbesserung des EEG angenommen. Danach sollen Anlagen, die bis Ende 2008 errichtet wurden, Bestandsschutz bei der Vergütung erhalten. Dieser Antrag sei am 4. Februar beim Bundestag eingegangen, ist vom Umweltausschuss zu erfahren. Wann das Gesetz im Bundestag behandelt wird, ist allerdings offen.

Ausgerechnet die FDP, die sonst gegen die gesetzlich garantierten Vergütungen des EEG zu Felde zieht, gesellt sich nun zu den Unterstützern: Die Absenkung der Vergütung sei "ein verheerendes Signal", sagte die Energieexpertin der Bundestagsfraktion, Angelika Brunkhorst. Sie treffe Anlagenparks, die aus ökologisch und ökonomisch überzeugenden Gründen entsprechend dimensioniert worden seien.

Grundsätzlich sind von der Novelle des EEG alle erneuerbaren Energien betroffen, in der Praxis tangiert der neue Paragraf jedoch neben dem Biogas allenfalls noch die Photovoltaik. Auch große Solarstromanlagen wurden in der Vergangenheit formal in kleine Projekte aufgeteilt, um höhere Einspeisevergütungen zu erzielen - bis die EEG-Novelle 2004 den Sachverhalt präzisierte. Allerdings nur in Sachen Photovoltaik, nicht beim Biogas.

Aus der im Bundesumweltministerium eingerichteten Clearingstelle zum EEG hieß es zudem zuletzt, dass der neue Absatz "nicht auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie anzuwenden sei, die vor Januar 2009 in Betrieb" gingen. Eine solche Zusage wünschen sich auch die Biogasinvestoren. Warum die Clearingstelle sich in ihrer Aussage auf die Photovoltaik beschränkt, war am Freitag nicht zu erfahren.

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5 Kommentare

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  • AS
    Andreas Schröter

    Wie immer gibt es viele Fachmänner. So z.B. den Tobias Höffer. Der hat noch nicht erkannt, dass der Hess kein Doktor ist und die IGB Nawaro Bioenergie GmbH & Co. KG nichts mit den Anlagen in Penkun zu tun hat. Dass der sogenannte Dr. Hess die Anlage nicht zum Schnäppchenpreis bekommt, ist auch sicher. Der Rest der Ausführungen sind unglaubliche Behauptungen, bei denen man sich schon die Frage der Motivation von Herrn Höffer stellt? Zumindest scheint er nicht berufstätig, da er diesen Kommentar, ebenso wie einen vorherigen Kommentar auf anderer Plattform während normalen

    Arbeitszeiten abgibt. Deshalb auch das Schlusswort „Frohes Schaffen“.

  • TH
    Tobias Höffer

    Die drohende Insolvent der Biogas-Anlage in Penkun hat mit der genaueren Spezifizierung im neuen EEG rein gar nichts zu tun. Schon vorher war jedem interessiertem Laien sofort klar, dass das Splitting der Fermenter samt BHKW in "autarke Einheiten“ eben keine Gesetzeslücke, sondern eine vorsätzliche Schummelei des GU (NAWARO) war, eben ein klar erkennbarer Gestaltungsmißbrauch. Denn gerade die von der NAWARO dargestellten Synergieeffekte sprechen eben doch für eine Gesamtanlage, statt vieler kleiner Einzelanlagen - auch und gerade im Sinne des damals bestehenden EEGs. Kein Mensch würde von 2 KFZ-Betrieben sprechen, nur weil es 2 Hebebühnen mit voller Werkzeugausstattung gibt. Und kein Mensch würde bei einer Erdölraffinerie von 6 Anlagen sprechen, weil es dort 6 Reaktoren gibt. Gerade der zentrale Einkauf, die zentrale Ersatzteilbeschaffung, die gemeinsame Planung, Betriebsführung, Vermarktung, Substratbeschaffung und die Personalunion der Verantwortlichen sprechen hier ganz klar dafür, dass es sich um eine große Anlage mit diversen kleinen Betriebseinheiten handelt, und die hat das EEG schon vorher im Sinne einer Großanlage vergütet. Letztendlich wurde diese Variante im neuen EEG eben nur deshalb genauer spezifiziert, damit Leute wie DR. Hess die Anleger eben nicht so dermaßen hinters Licht führen können. Von einer "Änderung ohne Bestandsschutz" kann hier also nicht einmal im Ansatz die Rede sein.

    Was noch ganz wichtig erscheint: Die NAWARO AG ist hier nicht der Eigentümer, sondern der Generalunternehmer (GU). Eigentümer und vom Konkurs bedroht ist die IGB NAWARO Bioenergie GmbH & Co. KG. Die NAWARO AG hat sich dieses Geschäftsmodell samt zugehörigem Gestaltungsmissbrauch ausgedacht und dann das gesamte Projekt mitsamt einer Wirtschaftlichkeitsberechnung an die Kommanditisten verscherbelt. Natürlich auch, um das schon damals kontrovers diskutierte Risiko einer geringeren Vergütung durch die Anlagendefinition auf ahnungslose Kapitalanleger abzuwälzen. Natürlich hat Herr Dr. Hess damals (unverbindliche) Rechtsmeinungen einiger Rechtsanwälte eingeholt, um genau dieses Risiko auszuschließen. Da jedoch jeder Mensch weiß, dass es für jede Rechtsmeinung einen entsprechenden Rechtsanwalt gibt, ist die Vorgehensweise klar: Ich bestelle drei Gutachten und lege dann die vor, die meiner Wirtschaftlichkeitsberechnung am nahesten kommen. Und: Die Biogasanlage in Penkun ist nicht etwa deswegen von einer Insolvenz bedroht, weil für den wirtschaftlichen Betrieb solcher Großanlagen die Vergütung zu gering ist (eben wegen der Synergieeffekte), sondern weil sich der GU einen Teil der über die Laufzeit zu erwartenden Einnahmen bereits beim Verkauf der Anlage hat auszahlen lassen, und jetzt eben auf Grund des vorsätzlich falsch dargestellten Anlagenbegriffes einen viel zu großen Teil.

    In diesem Sinne kann ich nur allen Zeichnern dazu raten, die Haftungsfrage im Falle einer Insolvenz von einem Fachanwalt prüfen zu lassen. Sonst könnte es passieren, dass Herr Dr. Hess die Anlage zu einem Schnäppchenpreis aus der Insolvenzmasse herauskauft und ein zweites Mal verscherbelt.

     

    Frohes Schaffen,

     

    Tobias

  • A
    archimedes

    Dank der in ökonomischen & ökologischen Fragen FDP-nahen Politiker Gerhard Schröder und Wolfgang Clement und ähnlicher Leute waren den vernünftigeren Leuten schon zu Schröders Regierungszeit die Hände viel zu stark gebunden. Seit Merkel ist fast alles noch schlimmer.

     

    Übrigens überdüngen viele Biogas erzeugende Bauern die Felder. Das ist überhaupt nicht umweltfreundlich, z.B. entsteht dabei "Lachgas", das mehr als 200 Mal so klimaschädlich ist wie CO2. Die Grenzwerteinhaltung von Nitrat wird viel zu selten überprüft.

  • BG
    Bürger G.

    Nachhaltige (also ökologisch und ökonomisch) Wirtschaftpolitik ist anscheindend nur mit der CDU und der FDP zu machen: Die SPD und die Grünen haben ja schon in deren Amtszeit krass versagt!

  • JM
    John Macfie edinburgh

    So sieht also die vollmundig angekuendigte neue oekologische Industriepolitik unseres Umweltministers aus: Tausende Menschen, die auf die Verguetungsgarantie des EEG vertraut haben, werden durch nachtraegliches Aendern der Spielregeln um Ihre Existens gebracht. Nach dem sich hier abzeichnenden Vertrauensbruch wird niemand mehr bereit sein, auch nur einen Euro in erneuerbare Energien in Deutschland zu Investieren. Wenn im Herbst die SPD auf das Niveau einer Splitterpartei zusammengeschrumft sein wird, wird man sich hierfuer auch bei Sigmal Gabriel bedanken koennen.