ECOWAS lockert Sanktionen in Niger: Geopolitischer Spielball
Es ist tragisch zu sehen, wie die Sahelstaaten erneut zum geopolitischen Spielball werden.
N iger hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS erneut vorgeführt. Seit dem Staatsstreich im Juli 2023 hat die Junta unter Abdourahamane Tiani nichts unternommen, um wie gefordert Präsidentschaftswahlen vorzubereiten oder zumindest den Weg dorthin einzuschlagen. Stattdessen hat sie ausgeharrt und wieder einen Erfolg verbucht: Die Sanktionen werden gelockert. Das dürfte Niger ebenso freuen wie auch das südliche Nachbarland Benin. Über den Hafen in Cotonou wurden seit knapp sieben Monaten keine Waren mehr in Richtung Niger transportiert. Auch die lokale Wirtschaft im Norden litt unter den Grenzschließung.
Von Seiten der ECOWAS ist es eine große Beschwichtigungsgeste, um Niger, aber auch Mali und Burkina Faso doch noch im Staatenbund zu halten. Ende Januar hatten sie ihren Austritt angekündigt. Doch mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Gesprächen betonen alle drei Länder Desinteresse wie Selbstsicherheit. Ohne die Einmischung der ECOWAS und damit auch des globalen Nordens – so lautet zumindest die Unterstellung –, wird es den drei Ländern zukünftig besser gehen, schätzen sie.
Nutznießer ist Russland, das nicht nur militärische Kooperationen ankündigt, sondern Medienberichten zufolge beispielsweise Burkina Faso kürzlich mit 25.000 Tonnen Weizen beliefert und Ende Dezember nach 31 Jahren wieder eine Botschaft in der Hauptstadt Ouagadougou eröffnet hat.
Es ist fast tragisch zu sehen, wie die Sahelstaaten erneut zum geopolitischen Spielball werden. Russische Kooperationen verbessern nicht die Lebensbedingungen in den ärmsten Ländern der Welt, in denen sich der Zugang zu Nahrungsmittel, Bildung und medizinischer Versorgung weiter verschlechtern. Die Länder verfügen über begehrte Rohstoffe wie Uran und Gold. Vor allem gelingt es Russland, ein strategisch wichtiges Netzwerk aufzubauen. Die Aufhebung der Sanktionen gegen Niger, ohne dass sich das Land in Richtung Präsidentschaftswahl oder Freilassung des abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum bewegt, ist somit auch ein Punktsieg für Russland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“