Dynamischer Strompreis für E-Autos: Laden, wenn es günstig ist
In Hannover bietet Pilotprojekt stündlich wechselnde Preise an Ladesäulen. Nutzer sollen somit profitieren, wenn viel Solar- oder Windstrom da ist.

Die Ladepreise wechseln jeweils zur vollen Stunde und werden täglich ab 13.30 Uhr online für den Folgetag veröffentlicht. Enercity hat eine Preisspanne zwischen 37 und 67 Cent je Kilowattstunde definiert, wobei als wichtigster Faktor der Day-Ahead-Spotmarktpreis der Strombörse in die Kalkulation eingeht. Dieser ergibt sich durch schlichte Marktlogik aus dem prognostizierten Angebot und der Nachfrage in Deutschland, spiegelt also vor allem die erwarteten Einspeisemengen der Erneuerbaren am Folgetag wider.
Als weitere Preiskomponente fließe auch die erwartete Auslastung an den Ladesäulen mit in den Endkundenpreis ein, sagte bei der Vorstellung des Projekts am Cityring in Hannover Markus Dehn, Bereichsleiter E-Mobilität bei Enercity.
Das Konzept war nicht ganz einfach zu realisieren, weil das Eichrecht hohe Anforderungen an die Abrechnungstechnik stellt. Inzwischen hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt das System als eichrechtskonform genehmigt. Zum Beispiel muss gewährleistet sein, dass der begonnene Ladevorgang stets komplett zu dem Preis abgerechnet wird, der beim Start angezeigt wird. Ein Autofahrer, der einige Minuten später an der Nachbarsäule lädt, kann dann schon wieder einen anderen Preis bekommen, wenn zwischenzeitlich eine neue volle Stunde angebrochen ist.
Verknüpfung von Energie- und Verkehrswende
Das Konzept, das nun in Hannover eingesetzt wird, wurde von der Firma ev-pay entwickelt. Das bayerische Unternehmen bietet als Dienstleister die Abrechnungstechnik für verschiedene Ladesäulenhersteller an; auch Enercity hat mit dem System bereits bestehende 150-Kilowatt-Ladesäulen von 2023 nachgerüstet. Dominik Freund, Mitbegründer von ev-pay, sagte zum Start des Pilotprojekts, man verknüpfe mit den angebotsabhängigen Preisen die Energiewende mit der Verkehrswende.
Um die Hürden für Autofahrer zu minimieren, setzt Enercity auf das Ad-hoc-Laden, das keinerlei vertragliche Bindung erfordert. Kunden bezahlen schlicht mit ihrer Giro- oder Kreditkarte – „wie im Supermarkt“, betont der Anbieter. Spannend ist das Projekt vor allem im Hinblick auf das Verhalten der Marktteilnehmer. „Wir wollen herausfinden, wie sehr die Kunden ihre Ladezeiten an die schwankenden Preise anpassen“, sagte zum Start Enercity-Manager Dehn.
Und spannend wird auch sein zu sehen, wie sehr andere Ladesäulenbetreiber damit unter Druck geraten, nachzuziehen. Zeigen sich die Nutzer nämlich preissensibel, könnten fixe Preise für Ladestrom zum Auslaufmodell werden.
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