Düsseldorfer Gericht zu Dügida: Rechts vor links
In Düsseldorf eskaliert der Streit über das Demonstrationsrecht von Dügida. Ist der Chef des Verwaltungsgerichts noch neutral?
BERLIN taz | Am Montagabend demonstrieren sie wieder. Und wären es bloß die paar Dutzend Rechtsausleger und Neonazis, die hier seit einigen Wochen jeden Montag auflaufen, dann wäre die Aufregung in Düsseldorf auch gar nicht so groß. Doch weil sich in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt die komischen Zufälle mehren, hat die Stadt inzwischen eine ansehnliche Debatte am Hals. Es geht um die Demonstrationsfreiheit der einen, um die Demonstrationsfreiheit der anderen und um die Rolle, die das Düsseldorfer Verwaltungsgericht dabei spielt.
Wenn sich am heutigen Montag wieder BürgerInnen den als besonders rechts bekannten Dügida-Demonstranten entgegenstellen wollen, stellt sich für sie vor allem die Frage: Mit welchen Einschränkungen dürfen sie dann wieder rechnen?
Erst vergangene Woche waren viele Antifaschisten und Düsseldorfer Bürger frustriert abgezogen. Für ihre Kundgebung gegen rechts hatte die Polizei den Demonstranten die Auflage erteilt, nur über eine bestimmte Straße zu erscheinen. In einer Eilentscheidung verfügte dann das Verwaltungsgericht, dass ausgerechnet die Demonstration der Rechten just über diese eine Straße führt. Damit war den Gegendemonstranten faktisch der Zugang zur eigenen Kundgebung verwehrt. Die Entscheidung war auch deshalb umstritten, weil sie den rund 100 Dügida-Demonstranten erlaubte, zur Gebetszeit an einer Moschee vorbeizumarschieren.
„Man kann bisweilen den Eindruck bekommen, dass das Verwaltungsgericht den Rechten das Versammlungsrecht auf dem Servierteller zurechtbiegt“, sagt Volker Neupert, der in der Stadt das bürgerliche Bündnis für interkulturelle Verständigung koordiniert, den „Düsseldorfer Appell“. Er wandte sich in der letzten Woche mit einem offenen Brief an das Gericht. Auch andere Gruppen kritisieren das Verwaltungsgericht massiv.
Konservativer Richter
Mehr und mehr rückt damit der Leiter des Gerichts, Andreas Heusch, in den Fokus. Der gilt als konservativ und hatte erst kürzlich für Schlagzeilen gesorgt, als seine Kammer dem Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) gerichtlich untersagte, als Zeichen des Protests gegen rechts die Lichter im Düsseldorfer Rathaus auszuknipsen – eine Protestform, für die es zuvor bundesweit großen Zuspruch gegeben hatte. In der nächsten Instanz wurde Heuschs Urteil kassiert.
Demonstranten spekulieren seitdem, inwieweit auch Heuschs Hauspolitik bei den Entscheidungen des Gerichts eine Rolle spielen könnte. Zwar entscheidet in Sachen Versammlungsrecht die 18. Kammer, der der Gerichtspräsident nicht selbst angehört. Aber zumindest scheint in seinem Haus eine christlich-konservative Abendlandfixierung eher ein Karrierefördernis zu sein.
2010 umging Heusch in seinem Gericht das Kruzifix-Urteil, indem er ein Kreuz aufhängen ließ – und dieses als Kunstwerk deklarierte. In Juraforen im Internet kursieren außerdem Berichte, wonach es bei Bewerbungsgesprächen im Düsseldorfer Verwaltungsgericht sinnvoll sei, gottgefällig zu antworten. In einem Beitrag schrieb etwa ein Nutzer: „Hier kann es schon mal passieren, dass der Gerichtspräsident fragt, ob man, wenn man verheiratet ist, die kirchliche Heirat nicht noch nachholen möchte.“
Ein Gerichtssprecher wies diese Darstellung gegenüber der taz zurück. Er kündigte an, in der kommenden Woche in einem Pressegespräch auf die Vorwürfe eingehen zu wollen. Der Fall Düsseldorf zeigt zumindest: Der Kampf ums Abendland findet nicht nur auf der Straße statt, sondern auch stets im Namen des Volkes.
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