Dünne Luft im Frauenfußball: Jenseits des Rattenrennens
Mit der Finalteilnahme im DFB-Pokal haben die Frauen von Werder Bremen ihre bislang beste Saison gekrönt. Doch der Konkurrenzkampf wird härter.

Bei der internen Feier nach dem Spiel in einem Lokal über dem Rhein hatte Werders Vorstandsvorsitzender Klaus Filbry laut Weser Kurier gesagt: „Dieses Mal sind wir nur Zweiter geworden, aber dann könnt ihr halt nächstes Jahr wiederkommen und euch den Pokal holen!“ Starke Worte, denen allerdings nicht nur Taten folgen müssen. Mit den bisherigen finanziellen Möglichkeiten wird das augenblickliche Niveau kaum zu halten sein, das neben dem Einzug ins Pokalfinale zu einer Rekordpunktzahl in der Bundesliga bereits zwei Spieltage vor Saisonende geführt hat.
Hart erkämpfter Platz
Nicht halten konnte Werder schon mal Torjägerin Sophie Weidauer und Trainer Thomas Horsch, die ihre Verträge nicht verlängert haben. Dass die besten Spielerinnen zu zahlungskräftigeren Klubs abwandern, ist nichts Neues. Neu wäre, wenn sich die Pressemeldungen bewahrheiten, dass Weidauers Weg nicht zu einem der Topklubs, sondern zum Aufsteiger Union Berlin führt – einem der Prof-Klubs, die gerade stark in den Frauenfußball investieren. Und die Werders gerade hart erkämpften Platz im Mittelfeld der Bundesliga bedrohen.
Werders wirtschaftliche Möglichkeiten sind schrittweise gewachsen, durch die gestiegenen TV- und Sponsoreneinnahmen nach der EM 2022 gab es zuletzt einen größeren Sprung. „Bei den personellen Ressourcen im Trainerstab haben wir aufgeholt“, sagt Werders Leiterin Frauenfußball, Birte Brüggemann. „Trotzdem trennen uns finanziell noch Welten von Bayern München, dem VfL Wolfsburg oder Eintracht Frankfurt. Denen dürfen wir nicht zu weit hinterherrennen und vor denen, die jetzt nachkommen, in Stuttgart, Dortmund, Schalke oder bei Union Berlin, wollen wir unseren Vorsprung verteidigen.“
Beim Rathaus-Empfang kündigte Werder-Chef Filbry an, das Budget für die kommende Saison noch mal zu erhöhen. Die Frage wird sein, in welcher Höhe und ob dies ausreicht. Die Tabelle der Frauenbundesliga wird immer mehr zum Spiegelbild der Männerbundesliga mit ihren ungleich verteilten wirtschaftlichen Möglichkeiten. Nur dass bei den Männern ein Durchschnittsprofi 1,5 Million Euro verdient. Bei den Werder-Frauen war das der gesamte Etat im Jahr 2024.
Schnell wachsender Markt
Nur durch eine kräftige Erhöhung wird es für Werder möglich sein, künftig Spielerinnen wie Weidauer oder die zu Bayern München ausgeliehene Michelle Ulbrich zu binden. Andererseits wäre der Klub damit mittendrin im Rattenrennen um immer mehr Einnahmen, das er durch langsames Wachstum bislang vermieden hat. Dieses Rennen wird in dem Maß eskalieren, in dem die deutschen Spitzenklubs versuchen werden, den in den letzten Jahren entstandenen Rückstand zur internationalen Spitze wieder aufzuholen. In Frankreich, England und den USA haben Investmentgesellschaften begonnen, einen der am schnellsten wachsenden Sportmärkte zu erobern und ihn mit Kapital zu füttern – das sie irgendwann wieder herausholen wollen.
Die Gefahr ist gering, dass Werder sich dem Fieber dieser Goldgräberstimmung hingibt. „Wir haben uns ganz bewusst für Fritzi Kromp als neue Trainerin entschieden, weil sie eine exzellente Trainerin mit einem Riesenschwerpunkt im Nachwuchsbereich ist“, sagt Birte Brüggemann. „Die Entwicklung von Spielerinnen, die Etablierung in der Liga so gut es geht, der Pokal als Highlight und dazu eine gute Nachwuchsarbeit“ – das seien schon „coole Ziele“.
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