Dschihadisten made in Germany: Terrorkolonie mit Kindern
Nach dem mutmaßlichem Tod des Islamisten Breininger ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen die "Deutschen Taliban Mudschahidin". Die haben in Pakistan eine Kolonie gegründet.
![](https://taz.de/picture/310564/14/Breininger2.jpg)
BERLIN taz Lange waren sich die Sicherheitsbehörden nicht sicher, ob die Terrortruppe "Deutsche Taliban Mudschahidin" tatsächlich existiert oder ob es sich nur um ein bloßes Propagandalabel der Dschihadisten handelt. Doch nun hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigt, dass sie "im Umfeld" der Deutschen Taliban Mudschahidin ermittelt - und damit endgültig klargemacht, dass die Gruppierung existiert.
Nach taz-Informationen aus Sicherheitskreisen befinden sich rund 15 Dschihadisten aus Deutschland in der relativ neuen Terrortruppe im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, darunter auch Frauen und Kinder. Im September haben sich allein aus Berlin drei Paare auf den Weg in die pakistanische Bergregion Wasiristan gemacht, um sich der deutschen Kolonie anzuschließen. Der baden-württembergische Verfassungsschutz spricht von 200 Islamisten, die in den vergangenen Jahren aus Deutschland ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet aufbrachen. Die Rede ist von einer "dritten Generation" nach den Attentätern vom 11. September 2001 und der Sauerlandgruppe.
Die "Deutschen Taliban Mudschahidin" waren zum ersten Mal im Umfeld der Bundestagswahl 2009 in Erscheinung getreten, als sie in Videos vor Anschlägen in Deutschland warnten und dazu Bilder vom Brandenburger Tor einblendeten. Zuletzt war auch der aus dem Umfeld der Sauerlandgruppe stammende saarländische Konvertit Eric Breininger zu den Deutschen Taliban Mudschahidin gewechselt. Dies steht zumindest in seinen mutmaßlichen Memoiren, die posthum im Internet auftauchten und seinen Weg in den Heiligen Krieg beschrieben. Breininger sprach darin prahlerisch von der "ersten deutschen Dschihad-Gruppe der Welt".
Die Sicherheitsbehörden halten das Dokument für echt, wohl haben aber weitere Personen daran mitgearbeitet. Auch an Breiningers Tod haben sie kaum mehr Zweifel, eine abschließende DNA-Analyse fehlt aber noch. Sorge macht den Behörden, wie weit die Memoiren des deutschen Dschihadisten über Foren verbreitet wurden. In Sicherheitskreisen fragt man sich: Entstehen irgendwo gar "Breininger-Lesezirkel"? Denn so krude die Beschreibungen des Saarländers sind, auf manche könnten sie eine gefährliche Faszination ausüben. In einem deutschsprachigen Dschihadforum werden schon Gedichte auf Breininger gehalten, dessen Kampfname "Abdulgaffar der Deutsche" war: "Abdulgaffar der Deutsche hat es uns vorgemacht", heißt es darin, er habe "die Pflicht und dessen Lohn erkannt". Wenige Zeilen später wird Deutschland mit Terroranschlägen gedroht.
Wie viele aus Deutschland stammende Dschihadisten neben Breininger bei dem Gefecht Ende April in Nordwasiristan von pakistanischen Soldaten getötet wurden, ist unklar. Zunächst meldeten die Dschihadisten selbst den Tod Breiningers, zweier usbekischer Kampfgefährten und des in Niedersachsen geborenen Ahmet M., der Drohvideos für die Dschihadisten produzierte und als einer der wichtigsten Terrorwerber galt.
Inzwischen ist in deutschen Sicherheitskreisen die Rede von bis zu einem Dutzend getöteter Gotteskrieger bei dem Gefecht in der letzten Aprilwoche. Darunter sollen mindestens zwei Berliner sein. Einer von ihnen ist ein 21-Jähriger aus Reinickendorf, der erst vor einem halben Jahr in den Dschihad aufbrach - zusammen mit seiner schwangeren Frau.
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