: Drucken statt drücken
■ Neue „Regenbogen-Druckerei“ der Bremer Hilfe beschäftigt Ex-Junkies
Zugegeben: Die Schneidema schine mit dem mächtigen Hand-Rad könnte man fast ins Technik-Museum stellen - aber sie funktioniert. Auch die beiden Offset-Druckmaschinen sind nicht gerade die jüngsten. Aber sie sind das Herzstück der neuen „Regenbogen-Druckerei“ in der Ostertorschen Schmidtstraße, im Haus der „Bremer Hilfe zur Selbsthilfe“. Und denen, die hier ihre täg
lichen acht Stunden arbeiten, liegen sie besonders am Herzen: Fünf ehemalige Junkies, eine Frau und vier Männer, haben in der Druckerei ABM-Arbeitsplätze als „Drucker -GehilfInnen“ gefunden. Ein Schriftsetzer-Meister mit 38jähriger Berufserfahrung managt das Ganze. Die Ex-Junkies siebdrucken und entwerfen, layouten und stellen Aufkleber und Plakate her. Mit einem
100.000-Mark-Darlehen aus Mitteln der Aktion Sorgenkind hat die Bremer Hilfe die Druckerei eingerichtet und zusammen mit den früheren DrogenkonsumentInnen Umbau und Renovierung geschafft, Regale und Tische gebaut.
Die 34jährige Barbara S. hat 15 Jahre lang Drogen genommen. Fast drei Jahre ist jetzt schon davon runter. „Aber es ist und bleibt
ein hartes Rennen! Ich bin jeden Tag am Kämpfen, daß es so bleibt.“ Nach einer üblichen Drogenkarriere mit Therapien und Knast und wieder Therapieversuchen gibt es irgendwann auf die unvermeidliche Arbeitgeber-Frage „Und was haben Sie bisher gemacht?“ einfach keine befriedigenden Antworten. „Immer nur Absagen, da kriegt man zuviel. Da hat alles keinen Sinn“, sagt Barbara. Nach langer Odyssee hat sie in Bremen endlich nicht nur die berüchtigten Langzeit -Therapien gefunden - „mit Druck und Regeln und Aufpassern“ - sondern eine der betreuten Wohngemeinschaften: „Wenn ich das eher gekannt hätte, wäre vieles anders gelaufen. Da hat es zum ersten mal hingehauen, und jetzt wohn‘ ich seit einem Jahr allein.“
Daß neben einer menschenwürdigen Unterkunft eine Arbeitsperspektive Schlüsselfunktion hat fürs Aussteigen, ist allen klar. Bedingung für den Job in der Regenbogendruckerei: Clean sein. Sonst droht die fristlose Kündigung. Bremer-Hilfe-Geschäftsführer Klaus Dyck hofft, langfristig zumindest Personalkosten und Abschreibungen hereinzuwirtschaften und mit ABM weiterzumachen: „Wir können nur auf Qualifizierung der Leute für andere Firmen hoffen.“ Er nennt das „Rotation“. S.P
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