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Drohende AbschiebungArigona und der Kampf ums Bleiben

Der Fall eines 15-jährigen Mädchens aus dem Kosovo löst in Österreich heftige Debatten über die Abschiebepraxis aus.

Geschätzte 10.000 Menschen demonstrierten am Dienstagabend in der Wiener Innenstadt gegen die Abschiebepraxis. Bild: reuters

WIEN taz Arigona Zogaj empfing am Dienstag Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) zu einem kurzen Gespräch. Seither ist bekannt, dass das 15-jährige Mädchen, dessen Schicksal seit zwei Wochen in Österreich die Schlagzeilen beherrscht, unter der Obhut eines Pfarrers lebt - quasi im Kirchenasyl. Die Kosovo-Albanerin war untergetaucht, als ihr Vater und ihre Geschwister Ende September von der Fremdenpolizei in der oberösterreichischen Gemeinde Frankenburg abgeholt und in den Kosovo abgeschoben wurden. Was seit Jahren von der Politik blockiert wird, brach jetzt aus: eine Debatte über den Umgang mit Asylbewerbern und Migranten. Österreich rühmt sich seit Anfang 2006 des schärfsten Fremdenrechts EU-weit. Daran wollen die Regierungsparteien auch nichts ändern.

Dienstagabend marschierten geschätzte 10.000 Menschen durch die Wiener Innenstadt, um nicht nur gegen eine als menschenverachtend betrachtete Abschiebepraxis, sondern gegen die Auswüchse des restriktiven Fremdenrechts überhaupt zu demonstrieren. Einberufen wurde die Kundgebung von den Grünen, die als einzige Parlamentspartei von Anfang an gegen die Verschärfung des Fremdenrechts Sturm gelaufen sind. Zahlreiche Organisation, von der Katholischen Aktion bis zu linken Splittergruppen, schlossen sich dem Aufruf an. Die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz rief zum zivilen Ungehorsam auf und erklärte allen Opfern des Fremdenrechts, die sich dem Zugriff der Behörden entziehen wollen: "Mein Gästezimmer steht frei." Ein Pfeifkonzert gab es nicht nur vor dem Innenministerium, wo der Protestzug endete, sondern auch vor dem Bundeskanzleramt und der SPÖ-Parteizentrale. Denn die Parteiführung kritisiert zwar den Innenminister, sieht aber keine Notwendigkeit, das Gesetz zu verbessern.

Dementsprechend vorhersehbar verlief am Mittwoch eine von den Grünen erzwungene Sondersitzung des Nationalrats, wo Asylpraxis und Bleiberecht diskutiert und ein Misstrauensantrag gegen ÖVP-Innenminister Günther Platter eingebracht wurde. Redner der SPÖ wetterten zwar gegen Platter, der dank Parteikarriere vom Tiroler Landgendarmen zum Verteidigungs- und jetzt Innenminister avanciert ist. Doch bei der Abstimmung sprach ihm die Fraktion geschlossen das Vertrauen aus. Fraktionschef Josef Cap drängte lediglich auf einen Gnadenakt im Einzelfall Arigona Zogaj.

Platter verteidigt seine starre Haltung damit, dass die Zogajs Wirtschaftsflüchtlinge seien, die erst nach dem Kosovo-Krieg missbräuchlich um Asyl ersucht hätten und in allen Instanzen abgeblitzt seien. Dass sich die Familie in mehr als fünf Jahren integriert habe und die kleineren Kinder in der Heimat ihrer Eltern nicht zurechtkämen, ist für Platter kein Argument, obwohl er in ähnlich gelagerten Fällen humanitäres Bleiberecht gewährt hat. Die von Arigona verlangte Rückkehr ihrer Familie komme nicht in Frage. Die Republik dürfe sich auch durch die Selbstmorddrohung des Mädchens nicht erpressen lassen. Lediglich für die nächsten zwei Monate wolle er garantieren, dass Arigona und ihre Mutter nicht deportiert würden.

Am Donnerstag schaltete sich auch Bundespräsident Heinz Fischer in die Debatte ein und forderte eine menschliche Lösung des Falles sowie - ähnlich wie in den Niederlanden - ein Bleiberecht für alle gut integrierten Ausländer, die schon seit sieben Jahren im Lande leben.

Die Gemeinde Frankenburg setzt sich nach wie vor für die Rückkehr der Familie ein. Der Putenzüchter, der Devat und Nurie Zogaj beschäftigt hatte, will die Arbeitsplätze für das Ehepaar freihalten. Ein Friseur bot Arigona eine Lehrstelle an - und auch für den älteren Bruder gibt es ein Angebot.

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