Drogenpolitik: Senat lässt die Finger davon
Ein Ziel von Rot-Schwarz im Koalitionsvertrag war, dass Konsumenten ihre Drogen etwa vor Clubs testen lassen können. Doch das Projekt liegt auf Eis.
Der rot-schwarze Senat will jetzt doch kein Modellprojekt für das sogenannte Drugchecking in Berlin. In den Koalitionsvereinbarungen von 2011 wurde das Testen illegaler Drogen noch als ein Ziel benannt. Nun verweist die Verwaltung auf die rechtliche Situation, die zu unklar sei. „Solange eine legale Umsetzung eines Drugchecking-Projekts nicht möglich ist, wird unser Haus so ein Projekt nicht in Angriff nehmen können“, sagte Emine Demirbüken-Wegner (CDU) am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses.
In anderen Ländern wie der Schweiz oder Österreich können Konsumenten ihre Drogen testen lassen, stationär oder in mobilen Labors direkt vor den Clubs. In Berlin fordern Organisationen, die mit Drogenarbeit zu tun haben, seit Jahren ebenfalls eine Anlaufstelle. Die Begründung: Drugchecking könne Drogenkonsumenten vor Verunreinigungen und Überdosierungen schützen. Außerdem erreiche man damit ganz andere Leute als mit der klassischen Drogenhilfe. Zu den Mitgliedern der Initiative zählen neben Vereinen wie Fixpunkt auch die Grünen und die Aidshilfe.
Offenbar war auch Rot-Schwarz von den Vorteilen eines solchen Projekts in den Koalitionsverhandlungen noch überzeugt. In den Vereinbarungen steht: „Träger der ambulanten Drogenhilfe sollen suchtgefährdeten Konsumentinnen und Konsumenten illegaler Drogen mit ’Drugchecking‘ einen verbesserten Zugang zu Kontakt-, Beratungs- und Therapieangeboten bieten.“ Mit dem Verweis auf die rechtlichen Rahmenbedingungen legt die CDU-geführte Gesundheitsverwaltung das nun auf Eis.
Bei der juristischen Einschätzung gehen die Meinungen auseinander. Nicht nur die Grünen sehen mehr Möglichkeiten als Demirbüken-Wegner, auch die SPD. „Wir denken, dass Spielräume vorhanden sind“, sagte Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin. Sie forderte den Senat auf, das juristisch zu prüfen. „Eine Klarstellung wäre sinnvoll.“
Juristische Bedenken
Es gab bereits Drugchecking in Berlin. Mitte der neunziger Jahre, zur Hochphase des Technos, brachte der Verein Eve & Rave Drogen zur Analyse in die Charité. Über ein Passwort konnten die Konsumenten anschließend das Ergebnis abfragen. Das Ende des Projekts: Die Polizei durchsuchte die Räume des Vereins, der Charité wurde die Erlaubnis für die Analyse der Proben entzogen.
Tibor Harrach, Pharmazeut und einer der Vertreter der Initiative für Drugchecking, war bei Eve & Rave damals dabei. Im vergangenen Dezember berichtete er bei einer Anhörung im Ausschuss von den damit verbundenen Gerichtsverhandlungen. „Wir haben in beiden Instanzen gewonnen“, so Harrach. Er ist überzeugt: „Drugchecking ist unter den geltenden Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts möglich.“
Kritiker argumentieren häufig, dass Drugchecking den Konsum fördere – wenn eine Droge erst mal als sauber getestet wurde, könne man sie bedenkenloser einnehmen. Auch darauf ging Harrach im Ausschuss ein. Wissenschaftliche Evaluierungen von Projekten in anderen Ländern hätten gezeigt, dass genau das Gegenteil der Fall sei. Der Pharmazeut berichtete: „Je häufiger Konsumenten testen lassen, haben die Studien ergeben, desto seltener konsumieren sie.“
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