: Drogenboß Khun Sa bald in Pension
■ Birmas Armee erobert Hauptquartier des ehemals berüchtigtsten Opiumhändlers im Goldenen Dreieck
Berlin (taz) – Triumph auf ganzer Linie für Birmas Generäle: „Kampflos“ hätten ihre Soldaten das Hauptquartier des legendären Drogenkönigs Khun Sa im sogenannten Goldenen Dreieck eingenommen, erklärte ein Militärsprecher gestern in Rangun. Der seit drei Jahrzehnten unbesiegbare Khun Sa habe die Stadt Ho Mong, die etwa dreißig Kilometer von der thailändischen Grenze entfernt liegt, verlassen. Wo er sich aufhielt, wurde zunächst nicht bekannt. Er verhandle noch über die Bedingungen seiner Aufgabe, hieß es in der birmesischen Hauptstadt inoffiziell.
Der 61jährige Khun Sa ist der berüchtigtste und schillerndste, wenn auch nicht mehr der größte Opiumhändler der zwischen Laos, Birma und Thailand gelegenen Bergregion. Mit seiner Mon-Tai- Armee, die bis zum vergangenen Sommer noch 12.000 bewaffnete Kämpfer umfaßte, kämpfte er nach eigenen Angaben für einen unabhängigen Staat der „Shan“- Minderheit Birmas. Die Drogenproduktion bezeichnete er in gelegentlich gewährten Interviews gern als unliebsames, aber notwendiges Übel zur Finanzierung seines Freiheitsstrebens. Diese Version hörte sich gewiß besser an, als zuzugeben, daß sich der Unabhängigkeitskampf trefflich für die Drogengeschäfte instrumentalisieren ließ.
Auch wenn das Goldene Dreieck als Opiumproduzent in Afghanistan und Zentralasien immer stärkere Konkurrenz bekommt, werden doch immer noch jährlich rund 2.500 Tonnen Rohopium geerntet. In den USA kamen zeitweise 60 Prozent des verkauften Heroins von Khun Sa, der sehr genau wußte, daß dort seit seit Jahren ein Haftbefehl auf ihn ausgestellt war. Für die birmesische Regierung, die trotz anhaltender internationaler Kritik an der brutalen Unterdrückungspolitik im Lande fest im Sattel sitzt, ist die Aufgabe Khun Sas ein großartiger Erfolg. Damit können ihre Generäle, die gute Beziehungen mit China und zahlreichen Militärs und Regierungen der Region pflegen, auch „beweisen“, daß sie es ernst im Kampf gegen die Drogen meinen. Vor allem bei den US-amerikanischen Drogenbekämpfern und der Regierung in Washington hoffen sie auf diese Weise weitere Pluspunkte zu sammeln. Im vergangenen Jahr hatten sie schon überraschend die birmesische Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest entlassen. Daraufhin belebten sich die Geschäfte, Investoren und Hilfsorganisationen strömten in das bislang weitgehend isolierte Land.
Tatsächlich aber war spätestens seit einem Jahr klar, daß Khun Sas Macht rapide verfiel. Längst hatten andere Gruppierungen den Löwenanteil des birmesischen Drogenhandels übernommen: Folge einer geschickten Verhandlungstaktik Rangoons mit den ehemals aufständischen Minderheiten. So beendeten die Wa und andere Rebellenarmeen ihren Krieg gegen die Junta, weil sie im Gegenzug freie Hand im Drogenhandel in den von ihnen beanspruchten Gebieten erhielten. Mit drei großen Offensiven bedrängten die birmesischen Regierungstruppen die Mon-Tai-Armee Khun Sas in den vergangenen Jahren. Im vergangenen August war unabweisbar, daß das Ende der Ära Khun Sas nahte: Die Hälfte seiner Truppe spaltete sich ab.
Khun Sa, der über beträchtliche Mittel verfügt, verhandelt jetzt offenbar mit der birmesischen Junta über einen eleganten und bequemen Alterssitz. Niemand glaubt, daß er jemals ein Gefängnis von innen sehen muß. Jutta Lietsch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen