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"Drive"-Regisseur Nicolas Winding Refn"Ich bin ein Fetisch-Filmemacher"

"Drive" ist ein Film über einen geheimnisvollen Mann, der Auto fährt und dabei Popmusik hört. Regisseur Nicolas Winding Refn über L.A., Champagner und grimmsche Märchen.

Fährt durch die Gegend und hört Popmusik. Ryan Gosling als "Driver". Bild: picture alliance
Cristina Nord
Interview von Cristina Nord

taz: Herr Refn, was hat Sie an James Sallis' Roman "Drive" gereizt?

Nicolas Winding Refn: Es hat eigentlich anders angefangen. Ryan Gosling und ich nahmen uns vor, zusammen einen Film über einen Mann zu drehen, der nachts mit dem Auto durch die Gegend fährt und dabei Popmusik hört. Und "Drive" bot uns genau den Rahmen, den wir für geeignet hielten. Außerdem mochte ich das Buch sehr.

Ich habe gelesen, dass Hossein Amin, der Drehbuchautor, sechs Jahre an dem Script gearbeitet hatte, bevor Sie auf den Plan traten, und dass es eigentlich ein typischer Actionfilm werden sollte, mit Hugh Jackman als Hauptdarsteller. Stimmt das?

Ursprünglich hatte sich Universal die Rechte gesichert, und der Plan war, einen großen Actionfilm zu drehen. Aber daraus wurde nichts. Als ich anfing, zusammen mit Hossein an dem Script zu arbeiten, habe ich vieles geändert, aber Universal wollte den Film noch immer nicht machen. Also mussten wir uns unabhängig finanzieren.

Und wie haben Sie das angestellt? "Drive" ist immerhin der erste Film, den Sie in Los Angeles gedreht haben.

imago
Im Interview: Nicolas Winding Refn

dänischer Regisseur, 1970 geboren. Zu seinen Filmen zählen die "Pusher"-Trilogie (1996-2005), "Bronson" (2008) und "Walhalla Rising" (2009). Für "Drive" erhielt er 2011 in Cannes den Preis für die beste Regie.

Zum Beispiel, indem ich in Cannes Vorverkäufe abgeschlossen habe, Frankreich und Deutschland eingeschlossen.

Der Film sieht aus, als würden Sie sich bestens in Los Angeles auskennen.

Das tue ich nicht!

Wie sind Sie denn vorgegangen, um die Stadt zu filmen?

Ich habe erst mal alles aufgenommen, was mir interessant erschien, ganz ohne Plan, eher wie ein Fremder in einem fremden Land.

Haben Sie sich dabei auch an anderen Filmen orientiert? Ich denke zum Beispiel an Walter Hills "The Driver" aus dem Jahr 1978, der beeindruckende Bilder von Los Angeles liefert.

Das ist ein toller Film. Und es ist seltsam, denn obwohl ich immer dachte, ich würde jeden Film kennen, der je gedreht wurde, kannte ich diesen nicht. Wir drehten schon, da habe ich ihn gesehen. Ein wichtiger Einfluss waren für mich die grimmschen Märchen.

Inwiefern?

Ich wollte ein Märchen in Los Angeles drehen, über die Kino-Mythologie, darum geht es schließlich im Buch von Sallis. Über einen Mann, der ein Held wird, und eine Frau, die gerettet werden muss. Albert Brooks spielt den bösen König, alle anderen Figuren sind ebenso Archetypen.

Albert Brooks spielt den Gangster Bernie Rose. In einer Szene sagt er: "Damals in den 80ern habe ich Filme produziert. Manche Kritiker nannten sie europäisch, ich fand sie scheiße."

In Sallis' Roman ist Bernie Rose eher ein typischer Gangster. Ich wollte, dass er Filmproduzent sein sollte - beziehungsweise ein Gangster, der mal Filme gemacht hat, aber heute wieder Gangster ist, ohne dass er das möchte. Aber auch die anderen Figuren sind auf die eine oder andere Art mit der Mythologie des Kinos verbunden.

Wäre "Drive" ein Film, den Bernie Rose in den 80er Jahren produziert hätte?

Ja, das wäre wohl die Art von Film, die Bernie Rose gedreht hätte.

Warum sind denn die 80er Jahre als Bezugspunkt so wichtig für Sie?

Ich bin ein Kind der 80er Jahre. Und Los Angeles ist eine Stadt, die aus den 80er Jahren nie herausgekommen ist. Das habe ich beim Drehen gemerkt. Man muss nur aus dem Fenster gucken, und schon ist man in den 80ern.

Viele Szenen sind sehr elaboriert, etwa der Messerkampf am Ende, den Sie als Schattenspiel inszenieren. Wie finden Sie zu solchen visuellen Arrangements?

Ich drehe in chronologischer Reihenfolge, so dass ich sehen kann, wie sich die Dinge entwickeln. In diesem Fall rührten die Schatten daher, dass dieser Mord sein Geheimnis nicht verlieren sollte.

In einer anderen Einstellung sieht man Driver und Irene in einem Spiegel, und in diesem Spiegel haftet auch ein Foto von Standard Gabriel, Irenes Ehemann und Drivers Rivalen - noch so eine elaborierte Aufnahme. Alle sind anwesend und gleichzeitig abwesend.

Für Irene ist Driver der Mensch, den sie in ihrem Leben braucht, er verkörpert ihre innersten Bedürfnisse. Wenn sie einen Menschen braucht, ist er menschlich, wenn sie einen Helden braucht, ist er ein Held. Und in dieser Szene spürt man, dass einiges davon ihrer Einbildung entspringen könnte.

Es gibt sehr brutale Momente, zugleich wirkt die Hauptfigur sehr sanft. Und schweigsam ist sie sowieso.

Nun, ich hatte ja gerade vorher "Walhalla Rising" gedreht, und darin gab es kaum Dialog. Und dann sind wir auch schon wieder bei den Brüdern Grimm und ihren Märchen, die eine Hälfte ist sehr hell, wie Champagner, die andere Hälfte ist sehr dunkel.

Erzählen Sie mir noch ein bisschen mehr über die dunkle Hälfte, über die Gewalt.

Im Grunde bin ich ein Fetisch-Filmemacher. Ich filme, was ich selbst gern sehen würde. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber es sieht am Ende so aus. Manchmal weiß ich sogar, warum - aber es bleibt ein Geheimnis.

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8 Kommentare

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  • L
    Luca

    Der Film ist seit langem das Beste, was ich gesehen habe.

    Nicht gerade ein Feminismus- oder Politfilm, aber das weiß man vorher.

    Das ist Kunstkino - aber im Gegensatz zu Tarantino kommt hier eine unfassbare Stimmung auf. Fast ein Stummfilm. Die Schauspieler sind toll und der Soundtrack unddie Bilder sind unfassbar gut.

    Ich werd ihn mir nochmal ansehen.

  • A
    arctor

    @jannis:

    inwiefern der plot mit dem "hipstertum" zu tun haben soll und was daran trash ist, würde mich da echt mal interessieren...und was die beziehung zwischen lars von trier und nicolas winding refn angeht sollten sie sich definitiv mal schlau machen: die beiden haben nicht mal ansatzweise etwas gemeinsam.

     

    ich war sehr positiv überrascht, das nach ewigem "hollywood-reste-aufwärmen" der letzten 2 jahre ein frischer wind geweht hat. ryan gosling schafft es in diesem film fast ausschließlich über seine mimik ganze bände zu erzählen, was meines erachtens nach im zeitalter von stereoskopie, soundeffekten, glossy-colourgrading und michael-bay-wackelkamera einer revolution gleicht.

     

    ein film, der ohne viel dialog ganz großes kino macht. mit audiovisueller brillanz und raffinität. mehr was für cineasten als für multiplex-kinogänger.

  • B
    Bateman

    von Michael: Haben Sie den Film überhaupt gesehen ??? Die "Skinheadmaske" ist eine Maske von seiner Arbeit als Stuntman... Der achso "Brutale Mord an einem Juden" (der übrigens in diesem Film ein ganz kriminellen Gangster und Mörder aus der Unterwelt spielt) wird gar nicht gezeigt... Bei manchen Kommentaren fragt man sich ob manche nur einfach überall seinen Senf dazugeben wollen.

     

    "Drive" einfach nur ein Wahnsinnsfilm, aber nicht für jeden.

  • R
    Ralf

    Ein langweiliger Autofahrfilm. Der Hype ist absolut unverständlich. Spart Euch die Enttäuschung.

  • J
    jannis

    Nee danke, nach dem was ich hier im Interview gelesen hab hört es sich sehr nach Trash-Kino, von Hipster für Hipster, an. Sozusagen Lars Trier für Anfänger. Dafür ist mir meine Zeit zu schade.

  • M
    Michael

    Schlimm, dass hier für einen Film Werbung gemacht wird, in dem ein Jude vom Hauptdarsteller in Skinheadmaske brutal ermordet wird, geht´s noch? Was ist nur aus der taz geworden?

    Darüberhinaus hat der Film nichts zu bieten außer prolligen Autofetisch und Klischees. Peinlich, dass auf diese billige Blenderei hereingefallen wird.

  • N
    name

    jannis - dieser film ist doppelt kinokarten wert!

  • J
    jannis

    Huch, ich dachte das ist ein Remake von "The driver" und wollte ihn mir anschauen. Danke für die Aufklärung, das hat mir die Kinokarten gespart.