: Doppelspiel mit Tieren
■ Chef-Mediziner darf in Plakaten von Tierversuchsgegnern nicht genannt werden
Bleibt die Frage, was ein „Tier-experimentator“ ist. Als solchen hatte ein Plakat des Vereins „Bürger gegen Tierversuche“ den Professor Udo Helmchen, Pathologie-Chef am Uni-Krankenhaus Eppendorf (UKE), bezeichnet. Gestern entschied das Oberlandesgericht in zweiter und letzter Instanz, daß man dem Wissenschaftler eine derartige Bezeichnung nicht anhängen dürfe.
Für den Tierschutzverein wurde die Berufungsklägerin Simone Runde dazu verdonnert, Helmchens Namen bei künftigen Plakataktionen nicht mehr zu nennen. Die Richterin Katharina Johannsen gab sich durchaus verständnisvoll, was das Engagement der TierversuchsgegnerInnen anging, auch gegen die Plakate sei grundsätzlich „nichts einzuwenden“. Unter dem Titel „Hamburg: Weltstadt mit Schmerz“ hieß es: „Im UKE sterben weiterhin tausende Versuchstiere den Labortod.“ Mit dem Bild eines bluttriefenden Hundes hingen die Plakate im Frühjahr in der Stadt aus. Als „Tierexperimentatoren“ wurden zehn Mediziner, an erster Stelle Prof. Helmchen, aufgeführt. Helmchen hat jedoch dementiert, mit Tierversuchen zu arbeiten. Im Gegenteil, betonte seine Anwältin Gisela Wild, er habe sich sogar schon im letzten Verfahren Anfang April ausdrücklich davon distanziert. Nichtsdestotrotz, konterten Simone Rundes Anwälte, stehe unter wissenschaftlichen Publikationen, die auf Tierversuchen beruhen, sein Name. Dies sei der einzige Anhaltspunkt der VersuchsgegnerInnen, ihn zu outen, wie Anwalt Eisenhart von Loeper nimmermüde unterstrich. Die Autorenschaft solcher Artikel glaubte Gisela Wild mit dem Hinweis auf wissenschaftliche Gepflogenheiten bestreiten zu können. Schließlich sei ihr Mandant „die Weltkapazität“ und würde auch Texte, mit denen er nur im allerweitesten Sinne zu tun habe, mit seinem Namen zeichnen. Das nannte von Loeper ein „Doppelspiel“, mit dem Helmchen zwar die Meriten einstreicht, ohne mit den Versuchen in Verbindung gebracht zu werden.
Simone Runge und ihre Anwälte beharren jedoch auf Helmchens Verantwortung für die Tierversuche: Sie beabsichtigen, die Frage, ob ihre Meinungsfreiheit weniger zähle als Helmchens Ehrenschutz, vom Bundesverfassungsgericht klären zu lassen. uwi
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