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Doppelhaushalt 2008/2009Ausgeben, bis es quietscht

Erstmals kann die rot-rote Koalition vom kommenden Jahr an den gigantischen Schuldenberg angehen. Und vielleicht ist es auch mit dem rigorosen Sparwahn demnächst vorbei.

Eigentlich hat Berlin kein Geld zum verteilen. Schließlich drückt ein riesiger Schuldenberg. Aber weil die Einnahmen wieder kräftiger sprudeln, wird trotzdem mehr Geld ausgegeben Bild: DPA

Der Schuldenberg schrumpft - ein bisschen

Wer hätte das gedacht: In Berlin sprudeln die Steuereinnahmen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) kann mehr Geld verteilen und muss das zweite Jahr in Folge keine neuen Kredite aufnehmen. Er geht sogar davon aus, dass er 2008 die Schulden um 514 Millionen Euro verringern kann und 2009 noch einmal um 90 Millionen. Doch das bleibt ein Klacks: Die Gesamtschulden liegen dann immer noch bei rund 59 Milliarden. Dabei ist der vergangene Haushalt noch gar nicht vom Tisch. Die Oppositionsparteien halten ihn für verfassungswidrig und erwägen zu klagen.

Drei gute Nachrichten vorweg: Das Land Berlin möchte in den kommenden zwei Jahren ohne neue Schulden auskommen. Zudem könnte es dem rot-roten Senat erstmals gelingen, in größerem Umfang Schulden abzubauen. Und die Koalition nimmt Abschied von ihrer bisherigen rigiden Sparpolitik.

Am heutigen Donnerstag wird im Abgeordnetenhaus der Landeshaushalt für die nächsten zwei Jahre verabschiedet. Der sogenannte Doppelhaushalt 2008/2009 umfasst Ausgaben in Höhe von rund 20,6 Milliarden Euro pro Jahr und liegt damit erstmals leicht unter den Einnahmen. 13 Stunden sind für die Sitzung veranschlagt, die die Regierungskoalition (SPD und Linkspartei) in der Regel dazu nutzt, ihre politischen Schwerpunkte anzupreisen, die Opposition (Grüne, CDU und FDP) wiederum, um mit dem Senat abzurechnen. Doch dass sich die Abgeordneten wirklich die Qual antun und sich bis spät abends die Köpfe einhauen, ist eher unwahrscheinlich. Denn im Grunde dürften alle im Hohen Haus froh sein: Nach Jahren finanzieller Askese gib es zum ersten Mal wieder zumindest ein bisschen Geld zu verteilen.

So will der rot-rote Senat den Topf für Soziales deutlich aufstocken: Der größte Batzen von rund 80 Millionen Euro bis 2010 fließt dabei in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) - eins der Kernanliegen der Linkspartei (siehe Seite 21). Aber auch bestehende Sozialeinrichtungen können nach Jahren des Kürzungswahns aufatmen. Hatten Hilfen zur Erziehung wie zum Beispiel Kinderheime, Jugendeinrichtungen und Familienhilfen in den vergangenen Jahren sukzessive weniger Zuschüsse erhalten, sodass viele Angebote vor dem finanziellen Aus standen, erhalten sie in den nächsten Jahren wieder mehr Geld. Von 290 auf 320 Millionen Euro werden ihre Gelder aufgestockt. Das ist zwar immer noch deutlich weniger als die rund 400 Millionen Euro, die es 2002 gab, der Richtungswechsel ist jedoch erkennbar.

Aufatmen können auch Eltern und Schüler: Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat die personelle Notlage an Berliner Schulen erkannt. Zu den rund 20.000 existierenden LehrerInnen hat seine Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode 600 zusätzliche LehrerInnen bewilligt. Bei jährlichen Kosten von rund 35.000 Euro pro Stelle im Jahr sind das immerhin 20 Millionen Euro.

Für sozial bedürftige Eltern gibt es zudem erstmals ein sogenanntes Starterpaket für Erstklässler. Mit Zuschüssen von etwa 50 Euro für Schulranzen, Federmappe und Füllfederhalter können sie ab dem kommenden Jahr rechnen. Das Projekt Gemeinschaftsschule wird bis zum Ende der Legislaturperiode insgesamt rund 20 Millionen Euro verschlingen.

Für den Bereich Wissenschaft hat der rot-rote Senat gleich ein ganzes Paket geschnürt. Obwohl Zöllner sich mit seiner Idee einer Superuni noch gar nicht durchsetzen konnte, werden für seine Initiative bereits Gelder veranschlagt: 30 Millionen Euro sind für 1.500 zusätzliche Studienplätze und weitere Wissenschaftsstellen vorgesehen.

Ein wahrer Investitionsstau hat sich in den vergangenen Jahren bei der Instandhaltung von landeseigenen Einrichtungen wie Schwimmbädern, Krankenhäusern und anderen Gebäuden gebildet. Das soll sich nun ebenfalls ändern: Allein die Charité wird in den kommenden Jahren 300 Millionen Euro erhalten, um ihre Einrichtungen zu modernisieren.

Kräftig aufgestockt wird nicht zuletzt auch der Kulturhaushalt. Das Land Berlin hat sich erst vor kurzem im Hauptstadtvertrag mit dem Bund geeinigt, dass Letzterer die Sanierung der Staatsoper mit bis zu 200 Millionen Euro übernimmt. Im Gegenzug hat sich das Land Berlin verpflichtet, seine Zuschüsse entsprechend aufzustocken. Um 35 Millionen Euro mehr wird der Landeszuschuss für die drei Opern bis Ende 2009 erhöht.

Nur bei den zwölf Bezirken bleibt Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hart: Am Personalabbau dort will er weiterhin festhalten. Wurden in der vergangenen Legislaturperiode bereits rund 4.000 Stellen nicht mehr wiederbesetzt, sollen bis 2011 weitere 3.000 Stellen in den Bezirken abgebaut werden.

Mit diesem Haushalt hat der rot-rote Senat das Ziel seiner Sparpolitik früher erreicht als vorgesehen: Zum ersten Mal können im Doppelhaushalt 2008/2009 Schulden zurückgezahlt werden. Nichtsdestotrotz bleibt Berlin weiterhin auf einem immensen Schuldenberg sitzen. Die mehr als 60 Milliarden Euro verursachen auch in Zukunft jährlich Zinsen in Höhe von fast 2,5 Milliarden Euro. Das bleibt der größte Posten.

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