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Don’t judge a Serie by its Titel: „Startup“Endlich wieder Gangster und Agenten in Miami

Die Couchreporter Heute: Doris Akrap

„Startup“ – wie sich das schon anhört. Als ich diesen Serientitel unter den Amazon-Serien sah, erging es mir ähnlich wie anfangs bei „The Good Wife“. Was soll eine Serie schon können, die so heißt?

Warum ich „Startup“ ­dennoch anklickte, lag daran, dass einer der Hauptdarsteller Martin Freeman ist, der Schauspieler, den ich zum ersten Mal 2014 in der fantastischen ersten Staffel der Serie „Fargo“ gesehen habe. Dort spielt er den irren Versicherungskaufmann und Ehemann Lester Nygaard. Einen Mann, der als Angestellter und Ehemann nur Demütigung in seinem Leben empfindet, der seine Frau und seine Liebhaberin umbringt und dessen hellrote Daunenjacke mir derart ins Gedächtnis gebrannt ist, dass ich bis heute hinter jeder hellroten Daunenjacke einen Psychopathen und Killer vermute.

In „Startup“ spielt Freeman eine ähnliche Rolle. Jedenfalls einen ähnlich psychotische Rolle. Dieses Mal nicht als Ehemann, sondern als über Leichen gehender FBI-Agent Phil Rask. Das allein wäre noch nicht Grund genug, Zeit auf ein so nach 90er Jahre klingendes Ding zu verschwenden. Was mich neben Freeman reizte, war vor allem das Setting: Die Serie spielt in Miami.

Miami! Dort, wo die beste aller 80er-Jahre-Polizeiserien spielt: „Miami Vice“, mit Sonny Crockett und Rico Tubbs. Wann hat man jemals danach wieder irgendwas aus Miami gehört, abseits von Wahlergebnissen?

In „Startup“ geht es vordergründig darum, dass der Bankier Andy Talman Geld aus dubiosen Quellen an sich gebracht hat und dieses irgendwo sicher verstecken muss, weil der FBI-Agent Rask ihm auf der Spur ist. Dafür kontaktiert Talman seinen Sohn Nick, gespielt von Adam Brody, der mit seinem Vater aus der Halbwelt allerdings gebrochen hat und ein anständiges, bürgerliches, sauberes, sorgenfreies, aber auch ein bisschen langweiliges, durchschnittliches Leben als Finanzexperte mit hübscher Ehefrau und Hund und hübschem Haus führt.

Als die kubanoamerikanische Programmiererin Izzy Morales ihre revolutionäre Software für eine unabhängige digitale Währung in seinem Unternehmen vorstellt, engagiert er sie. Das dreckige Geld seines Vaters investiert er in ihr Start-up.

Einer der Leute, dem der Vater dieses Geld gestohlen hat, ist der Gangsterboss Ronald Dacey aus Little Haiti. Der will den Sohn von Talman und die Programmiererin zunächst umbringen, ist dann aber von der Idee des Start-ups so überzeugt, dass die drei Geschäftspartner werden.

In der Folge entspinnt sich eine rasend spannende und herrlich vertrackte Jagd nach Sponsoren innerhalb des Mafia- und Gangstermilieus, die, ohne hier alles verraten zu wollen, eine dramatische Wendung nimmt.

Unter der Oberfläche dieser Erzählung, die die kriminellen Verwicklungen von Start-ups thematisiert, schafft die Serie ein großartiges Porträt der unterschiedlichen, segregierten Milieus von Miami: die Armen- und Gangsterviertel der Schwarzen, die kleine Mittelschicht der Lateinamerikaner, die weiße Tech-Society und der Polizeiapparat.

Merke: Man sollte sich von einem Titel nie beirren lassen. Die nächste Staffel soll noch im Laufe dieses Jahres zu sehen sein. Sie könnte ein Highlight werden.

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