Donald Trumps Kampf mit der Justiz: Die nächste Eskalationsstufe
Die Trump-Regierung lässt eine Richterin verhaften, weil die versucht hatte, eine Abschiebefestnahme direkt vor ihrem Gerichtssaal zu verhindern.

Acht Tage zuvor hatte Dugan vor Gericht eine Verhandlung wegen Körperverletzung gegen den mexikanischen Staatsbürger Eduardo Flores-Ruiz geführt. Noch während Flores-Ruiz vor ihrer Richterbank saß, erhielt sie die Information, dass insgesamt sechs Beamte vom FBI, der Ausländerbehörde ICE, des Zolls und der Drogenbehörde DEA vor dem Gerichtssaal ständen, um Flores-Ruiz festzunehmen.
Der Mexikaner, laut Medienberichten Anfang 30, war 2013 wegen illegaler Einreise aus den USA abgeschoben worden, kurze Zeit später aber illegal zurückgekehrt. In den letzten zwölf Jahren hatte er in Milwaukee als Koch gearbeitet und sich keines Vergehens schuldig gemacht. Wegen der fehlenden Aufenthaltspapiere fällt er dennoch unter jene Millionen Menschen, die die Trump-Regierung im Rahmen ihrer „größten Abschiebeoffensive aller Zeiten“ aus dem Land werfen will.
Offenbar verärgert über das Ansinnen, Flores-Ruiz direkt beim Verlassen ihres Gerichtssaals zu verhaften, sprach die Richterin zunächst mit den Beamten und erklärte ihnen, sie bräuchten dazu einen besonderen Haftbefehl. Schließlich führte sie Flores-Ruiz aus einer Nebentür des Gerichtssaals, sodass er den Beamten nicht direkt in die Arme lief. Auf der Straße wurde er wenig später jedoch trotzdem festgenommen.
Drohung an Richter*innen im ganzen Land
Nach der Verhaftung von Richterin Dugan am vergangenen Freitag verkündete zunächst FBI-Direktor Kash Patel auf X triumphierend, niemand stehe über dem Gesetz. Den Post löschte er schnell wieder. Justizministerin Pam Bondi stieß ins gleiche Horn. In einem Interview mit dem rechten TV-Sender Fox News sagte sie: „Wenn du Beweise vernichtest und die Justiz behinderst, wenn du Opfer häuslicher Gewalt in deinem Gerichtssaal sitzen hast und kriminelle Angeklagte zur Hintertür herausführst, wird das nicht toleriert. Ich glaube, einige dieser Richter denken, sie stünden über dem Gesetz.“
Das wurde weithin als Drohung an Richter*innen im ganzen Land verstanden. Immerhin hatte Trump selbst im Fall der nach El Salvador abgeschobenen Venezolaner*innen den zuständigen Bezirksrichter, der die Abschiebungen untersagt hatte, als linksradikalen Aktivisten und Irren bezeichnet und verkündet, kein kleiner Richter dürfe sich anmaßen, den Vorhaben der Regierung im Wege zu stehen.
Trumps Beauftragter für Abschiebungen und Grenzschutz, Tom Homan, der schon im Fall der Abschiebungen nach El Salvador erklärt hatte, es sei ihm egal, was irgendwelche Richter sagen, schrieb auf X, die Verhaftung von Richter*innen sollte niemanden überraschen: Wer aktiv Vollzugsmaßnahmen behindere oder illegale Ausländer vor dem Zugriff der ICE beschütze, werde verfolgt.
Tony Evers, Demokrat und Gouverneur von Wisconsin, erklärte, die Regierung lege eine „gefährliche Rhetorik an den Tag, um unser Justizsystem auf allen Ebenen anzugreifen“. Im konkreten Fall der Verhaftung vor Gerichtssälen fürchten viele in der Justiz, dass solche Manöver Undokumentierte davon abhalten könnten, als Zeugen vor Gericht zu erscheinen – wo ihre Aussagen jedoch häufig dringend gebraucht würden.
Richterin Dugan wurde noch am Freitag wieder auf freien Fuß gesetzt. Das Verfahren gegen sie soll am 15. Mai beginnen.
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