Dominic Johnson über die Spannungen in Mali: Friedenssicherung geht anders
Deutschland sollte sich daran gewöhnen, in Mali genauer hinzuschauen. In dem westafrikanischen Land findet der größte Auslandseinsatz der Bundeswehr statt. Es gilt als Schlüsselland für die Stabilisierung der Sahelzone und zur Eindämmung des grenzüberschreitenden islamistischen Terrorismus im gesamten riesigen Gebiet zwischen Algerien und Nigeria.
Erst vor drei Jahren entsandte Frankreich Tausende Kampftruppen, um den Norden Malis von islamistischen Rebellen zurückzuerobern – damals noch mit deutscher Unterstützung. Inzwischen stehen deutsche Soldaten im Rahmen der UN-Mission im Norden Malis und führen die EU-Ausbildungsmission für Malis Armee.
Parallel zur Ausweitung der deutschen Militärpräsenz in Mali nehmen dort die politischen Spannungen und auch die Gewalt kräftig zu. Die Islamisten sind nicht besiegt. Die gewählte Regierung tut sich immer noch schwer damit, ihre Friedensvereinbarungen mit Tuareg-Rebellen umzusetzen. Wichtige Teile der politischen Öffentlichkeit sehen derweil immer weniger ein, wieso bewaffnete Gruppen als legitime politische Akteure im Norden des Landes anerkannt werden sollen. Der im Sommer 2013 gewählte Präsident Ibrahim Boubacar Keita liegt in Frankreich im Krankenhaus. In seiner Abwesenheit bereitet die politische Opposition Proteste vor. Proteste gab es nun bereits in der nordmalischen Stadt Kidal – und Blauhelmsoldaten eröffneten auf sie das Feuer.
Frieden sieht anders aus, Friedenssicherung auch. Mali sollte für Deutschland nicht nur ein Exerzierfeld sein, wo man politische Schlagworte durchprobieren kann – aktuell die „Bekämpfung von Fluchtursachen“. Es ist ein komplexes Land mit einer komplexen Politik, an der ausländische Soldaten nur unter großem Risiko rütteln. Je früher das auch in Berlin erkannt wird, desto größer ist die Chance, dass die laufenden Mali-Einsätze auch für Mali sinnvoll sind – und nicht nur für Deutschland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen