Dokumentation: Die Heiden waren's
■ Wortlaut der Erklärung in Auszügen
„Dieses Jahrhundert hat eine unaussprechliche Tragödie erlebt, die nie vergessen werden kann: den Versuch des Nazi-Regimes, das jüdische Volk auszurotten, und in der Folge den Mord an Millionen Juden. (...) Angesichts dieses schrecklichen Völkermordes (...) kann niemand gleichgültig bleiben, am allerwenigsten die Kirche, die mit dem jüdischen Volk durch eine sehr enge geistige Verwandtschaft verbunden ist. (...)
Die Geschichte der Beziehungen zwischen Juden und Christen ist schmerzvoll. Johannes Paul II. hat diese Tatsache anerkannt in Aufrufen an die Katholiken, sich über den Stand unserer Beziehungen zum jüdischen Volk zu besinnen. Im Grunde ist die Bilanz dieser Beziehungen über zweitausend Jahre recht negativ. (...)
Dennoch können wir nicht den Unterschied verkennen zwischen dem Antisemitismus – dessen theoretische Grundlagen im Widerspruch stehen zur ständigen Lehre der Kirche von der Einheit des Menschengeschlechtes und der gleichen Würde aller Rassen und Völker – und den überkommenen Gefühlen des Mißtrauens und der Feindseligkeit, die wir Antijudaismus nennen und deren sich unglücklicherweise auch Christen schuldig gemacht haben. (...)
Die Shoah war das Werk eines ganz modernen neuheidnischen Regimes. Der Antisemitismus dieses Regimes hatte seine Wurzeln außerhalb des Christentums, und in der Verfolgung seiner Ziele zögerte es nicht, auch die Kirche zu bekämpfen und ihre Gläubigen zu verfolgen. Man kann allerdings die Frage stellen, ob die Nazis nicht leichteres Spiel hatten bei der Verfolgung der Juden durch die judenfeindlichen Vorurteile in einigen christlichen Köpfen und Herzen. (...)
Es gab mutige Männer und Frauen. Doch entsprachen der geistige Widerstand und die konkreten Taten anderer Christen nicht dem, was man von Nachfolgern Christi erwarten durfte. (...) Für Christen bleibt diese schwere Gewissenslast ihrer Brüder und Schwestern während des Zweiten Weltkrieges ein Aufruf zur Buße.“ AFP
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