Doku über Künstler Nicky Nodjoumi: Würdigung mit Skepsis
Sara Nodjoumi hat mit „A Revolution on Canvas“ eine Doku über ihren Vater gedreht, den Künstler Nicky Nodjoumi. Es ist kein Heiligenporträt.
Nikzad „Nicky“ Nodjoumi zählt zu den renommiertesten exiliranischen Stimmen der internationalen Kunstwelt. Immer wieder thematisiert der Künstler in seiner Arbeit Machtstrukturen, Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit, was ihm in der Vergangenheit jede Menge Ärger eingebracht hat – während der Herrschaft des Schahs sowie später unter den Mullahs der Islamischen Republik, vor denen er schließlich ins New Yorker Exil floh.
Seine Tochter, die Filmemacherin Sara Nodjoumi, sowie ihr Partner und Filmemacher Till Schauder widmen dem Künstler in ihrem Dokumentarfilm „A Revolution on Canvas“ nun ein filmisches Porträt, das sich als dreierlei versteht: Als Künstlerbiografie, Porträt eines politischen Lebens sowie als intime Familienerzählung, die Nicky Nodjoumi zu keinem Zeitpunkt auf einen allzu hohen Sockel stellt, sondern vielmehr den Familienvater für seine Versäumnisse zur Rede stellt. Zudem ist „A Revolution on Canvas“ ein überaus spannendes dokumentarisches Investigativstück, das sich auf die Spuren der verschollenen Werke der letzten Ausstellung von Nicky Nodjoumis Werken begibt.
Im Jahr 1980, kurz nach Beginn der Islamischen Revolution, hatte diese Ausstellung im Museum für zeitgenössische Kunst in Teheran stattgefunden – zum Ärger der religiösen Eiferer. Nodjoumi hatte in seinen Malereien, in denen sich Einflüsse persischer Miniaturmalerei, des europäischen Realismus sowie der Pop-Art zeigten, eine Dokumentation der Revolutionsbewegung geliefert, die mit Kritik an der religiösen Bigotterie der Islamisten nicht sparte. Der zunächst von der Revolution überzeugte Nodjoumi hatte mitansehen müssen, wie die breite gesellschaftliche Bewegung gegen den Schah zunehmend von der radikalislamischen Strömung übernommen wurde.
Am Ende der Revolution stand ein Ergebnis, das auch Nodjoumi, wie er im Film festhält, schlimmer findet als die vorhergehende Herrschaft des Schahs. Nach einem erstmaligen Aufenthalt in den USA in den späten 60ern kehrte Nadjoumi seinem Heimatland im Jahr 1981 endgültig den Rücken und zog gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Künstlerin Nahid Hagigat, und Tochter Sara nach New York City.
Kompromisslose Revolution
Die Filmemacherin und Tochter Nodjoumis, Sara, ist eine typische resolute Tochter dieser Stadt am Hudson River – humorvoll und direkt. Gemeinsam mit ihrem Regie- und Lebenspartner Till Schauder begibt sie sich auf die Suche nach der verloren gegangenen Kunst ihres Vaters.
Aber sie konfrontiert den heute 82-Jährigen auch mit seiner rücksichtslos auf das Gelingen seiner Kunst ausgerichteten Lebensform. „A Revolution on Canvas“ erzählt von einem Mann, der die titelgebende Revolution kompromisslos in seinem Herzen trägt. Der bohemienhafte Lebensstil Nodjoumis hat dabei zeitweise zur Folge, dass der Vater für seine Familie finanziell nicht sorgen konnte. Unliebsame Nebenjobs übernahm dessen Gattin, die ihr eigenes künstlerisches Schaffen hintanstellte – was ihre Karriere beschädigte.
Keine Hagiografie
In unserer Zeit der „Frauen, Leben, Freiheit“-Proteste, die nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini begannen, erlebt Nahid Hagigats Laufbahn abermals neuen Aufschwung. Ideell und künstlerisch unterstützt Hagigat die jungen iranischen Revolutionärinnen, welche wiederum die religionskritische New Yorker Künstlerin als Mitstreiterin ihrer Sache erkennen.
Sara Nodjoumis und Till Schauders Dokumentarfilm gelingt so eine dokumentarische Arbeit, die sich als Porträt Nicky Nodjoumis versteht, ohne zur reinen Hagiografie des Künstlers zu werden. Kritisch geht sie mit den Lebensentscheidungen und politischen Positionen des Künstlers ins Gericht, getragen von einer klugen filmemacherischen Skepsis. Wer darüber hinaus wissen möchte, was aus Nikzad Nodjoumis verlorenen Kunstwerken geworden ist, dem ist die Doku „A Revolution on Canvas“ nur zu empfehlen.
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