: Doch veraltet
■ Neuer Streit um Schadensersatz für Brustkrebspatientinnen am UKE
Der Strahlenskandal am Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) wird weitere Gerichtsverfahren nach sich ziehen. Die Wissenschaftsbehörde weigert sich, Brustkrebspatientinnen Schadensersatz zu bezahlen, die in der UKE-Frauenklinik vor 1980 bestrahlt wurden und dadurch Gesundheitsschäden erlitten. Rechtsanwalt Wilhelm Funke, der die Patientinnen vertritt, erklärte gestern, den Schadensersatz notfalls einzuklagen.
Konsens unter Wissenschaftlern, Behörden und dem Anwalt besteht darüber, daß die fragliche Bestrahlungsmethode, die am UKE noch bis 1993 verwendet wurde, spätestens ab 1980 als „veraltet“ und damit als nicht anzuwenden gelten mußte. Denn seit dieser Zeit tauchte sie in den Lehrbüchern nicht mehr auf. Ein strahlenmedizinisches Gutachten der Medizinischen Hochschule Hannover jedoch kommt nun zu dem Schluß, daß die Methode schon viel früher, nämlich bereits in den 70er Jahren als veraltet gelten mußte (taz vom 19.3.). Folglich, argumentiert Funke, hätten zwölf Brustkrebspatientinnen, die in den 70er Jahren behandelt wurden, ebenfalls Anspruch auf Schadensersatz.
Im übrigen habe die Wissenschaftsbehörde, der die Aufsicht über das UKE obliegt, bereits in einem Bestrahlungsfall aus dem Jahr 1977 vollen Schadensersatz geleistet. Damit habe sie, so Funke, anerkannt, daß die Methode veraltet war.
Doch die Behörde sieht das ganz anders. Andere strahlenmedizinische Experten hätten das Hannoveraner Gutachten untersucht. Und seien zu dem gegenteiligen Schluß gekommen, „daß die Bestrahlungsmethode medizinisch nicht zu beanstanden war“, jedenfalls nicht in den 70er Jahren, so Behördensprecherin Sigrun Nickel. Aus der schlichten Tatsache, daß aktuelle Lehrbücher aus der Mitte der 70er Jahre die Methode nicht erwähnt hätten, könne nicht der Schluß gezogen werden, daß die Methode als veraltet und gefährlich angesehen werden müsse. Im Gegenteil sei sie noch 1982 auf einem Symposium ausführlich dargestellt worden.
Und was den Fall aus den 70ern betreffe, in dem Schadensersatz gezahlt worden sei: „Da sind zwar Behandlungsfehler unterlaufen, aber andere als die, um die es im Strahlenskandal geht.“
Heike Haarhoff
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