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Doch kein kompletter AbzugBundeswehr bleibt in Mali

Deutschland will die Beteiligung am UN-Einsatz in Mali ausweiten. Der EU-Ausbildungseinsatz wird nach Niger verlagert.

Bundeswehr-Soldaten im Camp Castor in Mali Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine steht die Bündnisverteidigung zwar wieder im Fokus der deutschen Sicherheitspolitik. Eine Abkehr von den Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist damit aber nicht verbunden. Die beiden Mandate für den Einsatz in Mali, die ursprünglich Ende Mai ausgelaufen wären, werden jetzt um ein Jahr verlängert. Es handelt sich dabei um den aktuell größten und gefährlichsten Auslands­einsatz der Bundeswehr. Nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss am Mittwoch war eine erste Debatte im Bundestag für den späten Nachmittag vorgesehen. Abstimmen wird das Parlament voraussichtlich in der kommenden Woche.

Beteiligt ist die Bundeswehr in Mali sowohl am UN-Einsatz „Minusma“ als auch an der EU-Ausbildungsmission „EUTM“. Das deutsche Kontingent für die UN-Stabilisierungsmission wird nun anwachsen, das Engagement für die Ausbildung malischer Sol­da­t*in­nen wird dagegen stark zurückgefahren – beides ist zurückzuführen auf die schwierige politische Lage vor Ort und den angekündigten Abzug des französischen Militärs.

Nach zwei Putschen in den Jahren 2020 und 2021 regiert in Mali das Militär. Wann es die Macht an eine zivile Regierung zurückgeben wird, ist unklar. Wahlen hat es auf bis zu fünf Jahre aufgeschoben, gegen Protest der Bundesregierung, anderer EU-Staaten und der westafrikanischen Nachbarn, die deswegen harte Sanktionen verhängt haben. Besonders stark sind die Spannungen zwischen Mali und der französischen Regierung, deren Militär seit 2013 mit dem Auftrag der Terrorbekämpfung im Land ist – ursprünglich auf Einladung der damaligen malischen Regierung.

Im Februar kündigte Frankreich den schrittweisen Abzug seiner Anti-Terror-Truppen an, Anfang Mai kündigte Mali dann das gemeinsame Verteidigungsabkommen auf. Stattdessen sollen mittlerweile russische Söldner gemeinsam mit der malischen Armee kämpfen, NGOs werfen ihnen Kriegsverbrechen vor.

Bundesregierung hält an Minusma-Einsatz fest

An der deutschen Beteiligung am Minusma-Einsatz, die sich auf Gao im von Terrorbekämpfung geprägten Norden des Landes konzentriert, hält die Bundesregierung vorerst trotzdem fest, weil die UN-Mission einem Sprecher des Verteidigungsministeriums zufolge „ein Stabilitätsanker in der Region“ ist. Die Koalition befürchtet, dass sich die Sicherheitslage vor Ort ohne die UN-Präsenz noch weiter verschlechtern würde.

Zentrale Aufgabe der Bundeswehr bleibt die Aufklärung rund um das Lager in Gao. Zusätzlich wird Deutschland künftig Aufgaben im Sanitätsbereich übernehmen, die bisher von den abziehenden Franzosen erledigt werden. Unter anderem wegen dieser Zusatzaufgabe steigt die maximale Zahl der eingesetzten Sol­da­t*in­nen von 1.110 auf 1.400. Unklar ist bisher, wie die ebenfalls abziehenden französischen Kampfhubschrauber ersetzt werden, die auch zum Schutz der UN-Mission zur Verfügung standen. Einst hatte die Bundeswehr selbst Tiger-Kampfhubschrauber in Gao stationiert, die Bundesregierung will sie jetzt aber nicht mehr zur Verfügung stellen. Stattdessen sollen sich die UN bis zum endgültigen französischen Abzug in einigen Monaten bei anderen Regierungen um Ersatz bemühen.

Für den Fall, dass das nicht klappt, behält sich die Bundesregierung einen Ausweg vor. „Die Fortsetzung der deutschen Beteiligung in aktueller Form ist nur möglich unter der Voraussetzung, dass nach Abzug der französischen Streitkräfte ein ausreichendes Schutz- und Versorgungsniveau gewährleistet bleibt“, heißt es im Mandat. Der Einsatz könnte also auch frühzeitig abgebrochen werden.

Massivere Veränderungen gibt es dagegen schon jetzt bei der EU-Mission EUTM Mali. Die EU hat die Arbeit in Mali wegen der politischen Lage bereits auf Eis gelegt. Das neue Bundeswehr-Mandat sieht entsprechend vor, dass die beteiligten deutschen Sol­da­t*in­nen bis auf einen kleinen Rest abgezogen werden. Zur Begründung führt das Mandat unter anderem die „anhaltenden Menschenrechtsverletzungen“ an. Außerdem fehle die Garantie dafür, dass von Deutschland Ausgebildete nicht zusammen mit russischen Kräften eingesetzt würden. Die Ausbildung der Streitkräfte im Nachbarland Niger soll aber weitergehen. Entsprechend dürfen bis zu 300 deutsche Sol­da­t*in­nen im EU-Einsatz verbleiben. Das sind halb so viele wie im bisherigen Mandat – 230 davon wie bisher schon in Niger.

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