piwik no script img

Diversity bei Harry PotterHauptsache braune Augen und klug

In einem Harry Potter-Theaterstück soll Hermine von der Schwarzen Noma Dumezweni gespielt werden. Prompt behaupten ein paar Rassisten, das ginge nicht.

Noma Dumezweni (li.) und Jocelyn Jee bei einer Aufführung des Royal Shakespeare Theaters Foto: imago/United Archives International

Die Aufregung ist groß, auf Twitter diskutieren die User über die Neuigkeit heftigst: In dem Theaterstück „Harry Potter and the Cursed Child“, das im Sommer 2016 in London aufgeführt wird, ist die Rolle von Hermine Granger mit Noma Dumezweni besetzt, die in Swasiland geboren ist. Immerhin: Die erfreuten Tweets überwiegen.

Die Mehrheit spricht sich für Dumezweni aus, hebt hervor, dass es um die schauspielerische Leistung gehe, nicht die Hautfarbe. Und dass das Theaterstück eine Adaption sei, die die Freiheit der Interpretation habe. Und was die Autorin Joanne K. Rowling selbst von der Besetzung hält, sagt sie in aller Klarheit: „Grundsatz: Braune Augen, krauses Haar und sehr klug. Eine weiße Hautfarbe war nie festgelegt.“

Das Theaterstück spielt 19 Jahre nach Ende des siebten und letzten Romans, das berühmte Zaubertrio befindet sich in seinen Dreißigern und ist komplett neu besetzt: Harry wird von Jamie Parker gespielt, Ron Weasley von Paul Thornley und Hermine von Noma Dumezweni, der Gewinnerin des Laurence Olivier Award, der höchsten Auszeichnung im britischen Theater. An ihrer schauspielerischen Leistung bestehen kaum Zweifel.

Und doch gibt es Klugscheißer, die mit allem Nachdruck behaupten, Hermine müsse weiß sein. Es sei einfach so und nicht zu ändern. Sie bemühen erst gar keine Argumente, allein das gebetsmühlenartige Wiederholen der eigenen Meinung reicht für sie aus. Und in der Ahnung, dass sich in ihrer vehementen Abwehr einer schwarzen Schauspielerin nicht nur Faktenhuberei, sondern ganz klassische Diskriminierung verbirgt, betten sie ihre Kritik fortwährend in die Beteuerung ein, sie seien nicht rassistisch, aber . . .

Eine weiße Hautfarbe war nie festgelegt

Joanne K. Rowling über Hermine

Und schon beginnt die fast akademische Textexegese, der sie alle „Harry Potter“-Bücher unterziehen, um noch den kleinsten Hinweis auf eine weiße Hautfarbe von Hermine als Beleg vorzuweisen. Sie wissen es alle besser als die Schöpferin des Zauberepos selbst. Es geht nicht um die Persönlichkeit der Figuren, um die Geschichte oder ihre Botschaft.

Den selbsternannten Sittenwächter_innen der Hautfarbe geht es ums Prinzip: In einer Welt, die von weißen Menschen dominiert wird, deren Privilegien durch eine rassistische Alltagskultur und Politik aufrecht erhalten wird, kann es keine schwarzen Held_innen geben. Und in einer magischen Parallelwelt, in der die Post von Eulen geliefert wird, schon gar nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Gutes Statement:



    Nein, warum sollte das rassistisch sein? In einem europäischen Land wie GB, in dem die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung weiß ist, gehe ich bei nicht anderslautender Beschreibung von einem hellhäutigen Menschen aus. Spielt eine Story in Afrika, ist es ja auch nicht rassistisch, vom Gegenteil auszugehen.

    Und BTW: Wie sonst, wenn nicht positiv, hätte JKR sich denn zu der gecasteten Schauspielerin äußern sollen? Hätte sie gesagt, dass sie eine dunkelhäutige Hermine unpassend fände, wäre sie als rassistisch gesteinigt worden. Ob ihr die Wahl der Schauspielerin wirklich gefällt, kann man also glauben oder auch nicht. In den Büchern hat sie dunkelhäutige Figuren jedenfalls auch als dunkelhäutig beschrieben (Dean, Blaise), warum hätte sie das ausgerechnet bei einer ihrer Hauptfiguren nicht tun sollen?

    Für mich ist und bleibt Hermine jedenfalls eine hellhäutige Europäerin, und daran ändert auch die dunkelhäutige Schauspielerin nichts. Ansonsten könnten wir nun auch anfangen, darüber zu diskutieren, ob Harry vielleicht Asiate ist. Könnte ja durchaus sein bei seinen schwarzen Haaren, und das Gegenteil wird in den Büchern schließlich nicht beschrieben. :D

  • "Entsprechend falsch liegt die TAZ, wenn sie Rowlings Aussage mit „Grundsatz: Braune Augen, krauses Haar und sehr klug.“ übersetzt. Rowling verleiht hier nicht einer moralischen Überzeugung Ausdruck, sondern macht auf einen, wiewohl naheliegenden, Kurzschluss der meisten Leser darüber aufmerksam, was in den Harry Potter Romanen tatsächlich steht."

    http://diekolumnisten.de/2016/01/03/doch-hermine-ist-schwarz/

    • @sh:

      gut dass du das nochmal erklärt hast. Was würde schief laufen in der Welt...

  • Diese Leute, die sich aufgrund der Hautfarbe von Hermine Granger empören und "Harry Potter" gerne eine rassistische Lesart aufzwingen möchten, waren vermutlich nahe am Herzinfarkt, als JK Rowling publik gemacht hat, dass Albus Dumbledore "wahrscheinlich schwul" ist.

     

    Es ist immer zu begrüßen, wenn die Wahnwelt der Menschenfeinde erschüttert wird, die sich an ihren rassistischen, sexistischen und sonstigen Privilegien festklammern.

     

    Übrigens hat "Harry Potter" eine klar antirassistische Botschaft (Achtung Spoiler!): Die Zaubererwelt wird von einem Diktator bedroht, der eine rassistische Doktrin verfolgt und alle Nicht-Zauberer aus der Gesellschaft ausgrenzt und diskriminiert. Letztlich gelingt der Widerstandsbewegung der Zauberer und Hexen im letzten Buch dankenswerter Weise eine Revolution, die schließlich sogar die benachteiligte, untere soziale Klasse der Hauselfen politisch einbezieht. Wenn das mal keine Ansage ist!

  • Vielleicht sind einige der hier erwähnten Kritiker ihrem Sehsinn zum Opfer gefallen. Der Mensch soll Informationen ja vor allem mit den Augen aufnehmen, nicht (wie zum Beispiel der Hund) mit der Nase oder mit den Ohren (wie die Katze).

     

    Harry Potter ist verfilmt worden. 7,7 Milliarden US-Dollar haben die Warner-Brüder zwischen 2001 und 2011 verdient an den acht Teilen des Zauberer-Märchens. (Die Hörbücher waren nicht annähernd so erfolgreich.) Durchschnittlich alle 18 Monate ist Emma Watson als Hermine Granger über die Leinwand geflimmert. Gut möglich, dass gegen so viel wiederkehrende Präsens in einigen Fällen keine noch so brillante Theater-Schauspielerin anagieren kann, Laurence Olivier Award hin oder her. Flexibilität ist halt nicht jedes Menschen Sache.

     

    Die "Klugscheißer, die mit allem Nachdruck behaupten, Hermine müsse weiß sein", haben in der taz ihr wohlverdientes Fett weg bekommen. Warner Bros, die alle Haupt- und fast alle Nebenrollen des Rowling-Epos weiß besetzt haben, obwohl die Verfasserin das so "nie festgelegt" hatte und die vielen Statisten durchaus "bunt" sein durften, werden nicht einmal erwähnt. In einer Welt, die von reichen weißen Menschen dominiert wird, deren Privilegien auch durch eine rassistische Alltagskultur und Politik aufrecht erhalten werden, ist das verständlich. Die, deren Name nicht genannt werden darf, werden da tatsächlich kaum je kritisiert für Dinge, die man anderen flott um die Ohren schlägt.

     

    Schade eigentlich. Dass Schweige-Regeln offenbar allenfalls in einer magischen Parallelwelt gebrochen werden, meine ich, in der kluge, braunäugige, kraushaarige Heldinnen mit ihren zwei besten Freunden gegen böse Zauberer kämpfen und siegen und in der die Post von Eulen geliefert wird.