Diskussion um U-Bahn-Attacke: Schläger sorgen für Streit
Nach der brutalen U-Bahn-Attacke am Ostersamstag fordern Politiker härtere Strafen für jugendliche Straftäter. Die beiden 18-Jährigen sind wieder auf freiem Fuß.
Nach dem Überfall im U-Bahnhof Friedrichstraße, bei dem zwei 18-Jährige einen Unbeteiligten bewusstlos prügelten, wird erneut über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern diskutiert. Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU fordert härtere Strafen und die Einführung eines Warnschussarrests. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) setzt sich für mehr Polizeipräsenz in den U-Bahnhöfen ein. Für Kritik sorgte vor allem, dass die Tatverdächtigen nach ihrem Geständnis auf freien Fuß gesetzt wurden.
In der Nacht zum Ostersamstag verletzte der Haupttäter, ein 18-jähriger Schüler, einen 29-jährigen Mann mit mehreren Tritten gegen den Kopf so schwer, dass dieser das Bewusstsein verlor. Erst nach dem Eingreifen eines Touristen aus Bayern ließ der Jugendliche von seinem Opfer ab und flüchtete mit seinem Kompagnon. Nachdem er sich am Samstagabend stellte und ein umfassendes Geständnis ablegte, ließ ihn die Polizei trotz Ermittlungen wegen versuchten Totschlags wieder frei.
Diese Entscheidung trifft bei Christian Pfeiffer, Chef des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, auf Unverständnis. Seiner Meinung nach besteht Fluchtgefahr, da der Schläger mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen müsse. "Dann kann es doch aus der Sicht der Jugendlichen heißen, nichts wie weg vor der Hauptverhandlung", so Pfeiffer.
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Holger Freund, verteidigte die Haftverschonung. Der 18-Jährige habe sich einsichtig gezeigt, sei bisher nicht straffällig geworden, lebe bei seinen Eltern und besuche regelmäßig die Schule. "Er muss sich als Auflage dreimal in der Woche bei der zuständigen Polizeiwache in Reinickendorf melden", betonte eine Polizeisprecherin.
Dass die Haftrichter bei Jugendlichen nicht immer Milde walten lassen, zeigt eine ähnliche Gewalttat. Am 11. Februar überfielen vier Minderjährige im U-Bahnhof Lichtenberg einen 30-Jährigen. Sie verletzten ihr Opfer so schwer, dass es ins Koma fiel und noch heute eine Rehabilitation macht. Die Verdächtigen, darunter ein 14-Jähriger, sitzen seit Februar in Untersuchungshaft. Dabei waren sie der Polizei ebenfalls nicht als Straftäter aufgefallen. Der Unterschied zum 18-Jährigen Täter im U-Bahnhof Friedrichstraße: Sie stammen aus Kenia, Albanien, Bosnien und dem Kosovo.
"Deutsche werden nicht privilegiert", sagt der Staatsanwaltssprecher Freund. "Aber es ist zu prüfen, ob die Tatverdächtigen Bezüge ins Ausland haben." Dann bestünde durchaus Fluchtgefahr. Auch der auf Jugendstrafrecht spezialisierte Rechtsanwalt Jaspar Graf von Schlieffen sieht weder "eine willkürlich noch migrantenfeindliche Entscheidung der Haftrichter". Der deutsche Tatverdächtige sei sozial stärker in Deutschland verwurzelt als die mutmaßlichen Täter mit Migrationshintergrund. "Außerdem hat der deutsche Schüler mit seinem Geständnis die Karten auf den Tisch gelegt", so von Schlieffen zur taz.
Auf Bundesebene befeuerte der aktuelle Vorfall indes die Debatte um den Warnschussarrest. Dabei sollen zu Bewährungsstrafen verurteilte Jugendliche für einige Wochen zur Abschreckung ins Gefängnis. Die Bundesjustizministerin will einen Gesetzentwurf im Juni vorlegen.
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