Diskussion um Gauck-Nachfolge: Überparteilich oder lagergebunden
Eigentlich wollen sich die Parteien mit der Kür der KandidatInnen Zeit lassen. Doch Namen werden reichlich gehandelt. Die Entscheidung fällt im Februar 2017.
Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte die SPD auf, Position für einen künftigen Bundespräsidenten mit sozialer Ausrichtung zu beziehen. „Eine solche Persönlichkeit würde die Linke auf jeden Fall unterstützen, und wenn die SPD den Mut hätte, sie mit uns und den Grünen gemeinsam durchzusetzen, wäre das ein wichtiges Signal“, sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Seit Jahren wachse in Deutschland die soziale Ungleichheit, die Mittelschicht werde schmaler, Armut nehme zu. „Ein Bundespräsident, dem die Wiederherstellung des Sozialstaats ein zentrales Anliegen ist, und der die soziale Dimension von Freiheit begreift, täte der politischen Debatte in unserem Land sehr gut“, sagte Wagenknecht.
Gauck hatte mit seiner Ankündigung am Montag die Parteien unter Zugzwang gesetzt. Zwar betonten sie unisono, sie wollten aus Respekt vor dem Amt und dem Amtsinhaber keine hektische Nachfolgediskussion. Allerdings werden schon etlich Namen gehandelt. Dazu zählen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle oder Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Termin ist der 12. Februar 2017
Die Bundesversammlung wählt den neuen Bundespräsidenten in gut acht Monaten, am 12. Februar 2017. Bis dahin amtiert Gauck weiter. Besonders schwierig ist die Suche nach einem Nachfolger vor allem deshalb, weil im kommenden Jahr auch die Bundestagswahl ansteht – und zuvor im September dieses Jahres noch zwei Landtagswahlen. Daher gilt es als fraglich, ob es wie bei Gauck 2012 wieder gelingt, einen parteiübergreifend unterstützten Kandidaten zu benennen.
CDU-Vize Armin Laschet rechnet nicht mit schnellen Entscheidungen. „Jetzt sollte man erstmal abwarten, bis man weiß, wie sich die Bundesversammlung überhaupt zusammensetzt“, sagte Laschet dem Westfalen-Blatt. Das sei erst nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin klar. „Dann ist Zeit genug bis zum Februar, einen guten Kandidaten zu finden.“
Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, warnte vor einem Alleingang von CDU/CSU: „Wir sollten jetzt zuerst in der großen Koalition überlegen, wer ein gemeinsamer Kandidat sein könnte“, sagte er der Heilbronner Stimme. „Sowohl Wolfgang Schäuble als auch Norbert Lammert wären ausgezeichnete Bundespräsidenten“, fügte er hinzu. Schäuble sei eine der beliebtesten Persönlichkeiten des Landes. Lammert wäre nach Einschätzung von Stettens „ein überparteilicher Kandidat, der selbst von der Linken geschätzt wird“.
Unterdessen hat Gauck am Dienstag seinen ersten öffentlichen Auftritt nach seiner Erklärung. In seinem Amtssitz Schloss Bellevue spricht das Staatsoberhaupt zur Eröffnung der Woche der Umwelt.
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