Diskussion um Euro-Hilfen: Bundestag will im Spiel bleiben

Über Milliardenkredite zur Eurorettung muss auch künftig im Parlament debattiert werden. Könnten aber die Abgeordneten im Ernstfall ein "Nein" durchsetzen?

Am Parlament vorbei? Schäubles Pläne machen Abgeordneten Sorgen. Bild: reuters

BERLIN taz | Verliert der Bundestag seine wichtigste Macht – das Recht, über die Staatsfinanzen zu beschließen? Diese Frage steht verstärkt zur Debatte, seit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Fraktionen des Bundestags den Vertragsentwurf zur Eurostabilisierung zugeschickt hat. Deutschland müsste damit im schlechtesten Fall 211 Milliarden Euro für verschuldete Eurostaaten zahlen.

Der Rettungsfonds-Rahmenvertrag, der der taz vorliegt, legt mit 780 Milliarden Euro die erhöhte Summe fest, die die 17 Eurostaaten höchstens aufbringen wollen, um Mitglieder wie Griechenland, Irland oder Portugal finanziell zu unterstützen. Der deutsche Anteil am Europäischen Rettungsfonds (EFSF) beträgt rund 27 Prozent. Unter anderem sollen Staatsanleihen verschuldeter Länder aufgekauft werden. Der Bundestag wird den Entwurf für den Vertrag Ende September beschließen - eventuell mit Änderungen. Bis dahin geht es unter anderem um die Frage, ob das Parlament sein Budgetrecht aus der Hand gibt.

Will die Regierung eine Pauschalermächtigung?

Im Vertragsentwurf heißt es, dass der EFSF "die Bedingungen für die Unterstützungsinstrumente" selbst festlegt. Wegen dieser und ähnlicher Formulierungen hegen manche Abgeordnete den Verdacht, dass die Regierung ihnen nun eine Pauschalermächtigung abverlange und das Parlament im Einzelfall nicht mehr Nein sagen könne. Zu den Kritikern in den Reihen der Union gehören unter anderen die Abgeordneten Manfred Kolbe und Wolfgang Bosbach.

"Bei weitreichenden Entscheidungen des Fonds wird der Bundestag auch künftig seine Zustimmung geben müssen", sagt dagegen Norbert Barthle, der haushaltspolitische Sprecher der CDU. Sein Argument stützt er vor allem auf das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen beim Stabilisierungsmechanismus (StabMech-Gesetz). Dieses hat der Bundestag 2010 beschlossen, als der Rettungsfonds gegründet wurde.

Parallel zur Ausweitung des Fonds setzt sich Barthle nun dafür ein, auch dieses Gesetz zu erneuern. Der CDU-Politiker will ein "abgestuftes Verfahren" einbauen, das dem Bundestag bei wichtigen Entscheidungen eine breitere Mitwirkung zusichert. Bisher steht im Gesetz, dass die Regierung "sich bemüht, mit dem Haushaltsausschuss Einvernehmen herzustellen"- eine wachsweiche Formulierung. Ob die Abgeordneten hier eine Verschärfung durchsetzen können, bleibt abzuwarten.

Darauf setzt aber auch die grüne Haushaltspolitikerin Priska Hinz - und bleibt darum entspannt. "Die Diskussion über das Budgetrecht geht daneben", sagt sie. Dank des StabMech-Gesetzes könne das Parlament auch später noch Nein sagen und umstrittene Entscheidungen blockieren.

Aber stimmt das wirklich? Im Vertrag mit den anderen Eurostaaten sichert Deutschland ja zu, seine finanziellen Verpflichtungen in einer Krisensituation auch zu erfüllen. Ist es deshalb vorstellbar, dass der Bundestag seine Ablehnung einer Maßnahme gegen Regierung und EFSF wird durchsetzen können?

Eine klare Antwort darauf gibt es bisher nicht. Einerseits bleibt der Bundestag künftig im Spiel. Andererseits sagt CDU-Politiker Barthle: "Der EFSF muss handlungsfähig bleiben." Wenn es hart auf hart kommt und das nächste Euroland vor der Pleite steht, wird die EFSF-Leitung nicht auf das Plazet von 17 Parlamenten warten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.