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Diskussion übers KiffenNichts als heiße Luft

Vier Millionen Deutsche rauchen angeblich regelmäßig Cannabis. Für RTL ist das so erstaunlich, dass der Sender eine Reportage übers Kiffen gedreht hat.

Gefährlich oder nicht? – Die Ideologen streiten noch. Bild: dpa

Der Vorzeige-Grüne Hans-Christian Ströbele wird immer dann gerufen, wenn ein kontroverses Thema diskutiert werden soll: Migration, Religion, Krieg. Heute geht es um Drogen. „Wie gefährlich ist Kiffen wirklich?“, ist die Podiumsdiskussion im Hauptstadtstudio des Senders RTL überschrieben.

Ströbele erwartet nicht viel von der Runde, schon vor Beginn raunt er, es seien doch schon alle Argumente dazu ausgetauscht. Als die Moderatorin ihn dann als „Hanf-Christian Ströbele“ vorstellt, zieht er genervt die buschigen Augenbrauen hoch. Die Stimmung ist gesetzt.

Mit auf der Bühne sitzt auch Jenke von Wilmsdorff. Er wird immer dann gerufen, wenn RTL einen echten Draufgänger braucht. Einen, der Objektivität durch Subjektivität ersetzt, der keine Scheu vor Selbstentblößung hat und mittendrin statt nur dabei ist. Einen echten Gonzojournalisten.

Jenke hat schon alles ausprobiert, hat sich im Flüchtlingsboot nach Lampedusa schleppen und in Fukushima verstrahlen lassen. Deswegen hat RTL ihm das Selbsterfahrungsdokuformat „Das Jenke Experiment – Der macht das wirklich!“ gegeben. Im letzten Jahr stiefelte er darin breitbeinig durch deutsche Wohnzimmer, um zu berichten, wie es sich als Alkoholiker, gebrechlicher Greis oder gebärende Frau anfühlt. Jetzt also Kiffen.

„Alte Kifferweisheiten“

Am Montag zeigt RTL die erste Folge der zweiten Staffel des „Jenke-Experiments“. Darin geht von Wilsmdorff der Frage nach, wie Cannabiskonsum physisch und psychisch wirkt, ob er gut oder böse ist. Fünf Tage reiste er dafür in das niederländische Haarlem bei Amsterdam, um sich ganz legal dem zugedröhnten Experiment zu widmen.

Nach eigener Aussage hat der 48-Jährige zuletzt mit „16 oder 17 Jahren gekifft und festgestellt, dass ich mit Drogen nichts anfangen kann“. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, schon am zweiten Tag vollmundig „alte Kiffer-Weisheiten“ zu verkünden: „Am Morgen ein Joint und der Tag ist dein Freund.“ Er ist eben immer ganz nah am erschlafften Puls der Zeit, der Jenke.

Auch dieses Mal ist ihm keine Situation zu privat, zu peinlich und zu reißerisch, um sich dabei filmen zu lassen. Nach 55 Minuten Sendezeit hat der Zuschauer einen torkelnden, lallenden von Wilmsdorff sowie den erhobenen Zeigefinger seines milchbübischen 20-jährigen Sohnes („Ich hab ehrlich gesagt keinen Bock, zu kiffen, wenn ich dich so sehe“) und ein ganzes Bataillon Experten kennengelernt, das jeder erwartbaren Talkshowrunde der Öffentlich-Rechtlichen gut zu Gesicht gestanden hätte: Cannabis führt zu Psychosen (Entzugspatient), kann aber auch Schmerzen lindern (Tourette-Syndrom-Patient); seine Legalisierung könnte verharmlosend wirkend (Drogenbeauftragte), Alkohol ist aber auch nicht besser (Hanf-Lobbyist). Man muss Cannabiskonsum also differenziert sehen. Danke.

Cannabis-Aktivist

Der Tenor des Films, der vor der Diskussion in Berlin gezeigt wird, setzt sich in der Runde fort – in neuer Besetzung mit gleichen Rollen. So wettert der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, gegen Cannabis als Einstiegsdroge und setzt seine Legalisierung mit der von Heroin gleich. Der Kinder- und Jugendpsychologe Edelhard Thoms warnt vor den Folgen der Droge für Kinder, und der fernseherprobte Jugendrichter Andreas Müller zitiert aus seinem Buch. Ströbele hatte recht, alles schon bekannt.

Die Frage, ob Cannabis legalisiert werden sollte oder nicht, wird – wie so oft – an einer moralischen, nicht an einer sachlichen Trennlinie verhandelt. Ideologie trennt Gegner und Befürworter. Spätestens als der Hardliner Mayer von Alkoholgenuss und Cannabismissbrauch spricht und die Wirkung von zwei Maß Bier (zwei Liter) in Beckstein’scher Manier lobt, wird das deutlich.

Gerade als die Schüler im Publikum, die zu dieser Lehrstunde deutschen Talkshow-Bla-Blas verdonnert wurden, wegzunicken drohen, wird es doch noch interessant: ein Cannabis-Aktivist mit Zylinder, Gehstock und Sonnenbrille stürmt auf die Bühne. Dort reicht er Ströbele die Hand und setzt sich zu Mayers Füßen. Er möchte auch mitreden, schließlich würden sonst „nur Lügen erzählt“. Fast könnte man auf die Idee kommen, RTL habe ihn gerufen.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • J
    Joker

    In Deutschland ist die Pharma-Industrie zu mächtig, daher wird das mit Cannabis noch lange dauern bis es legalisiert wird.

     

    Cannabis ist ein unerreichtes Heilmittel der Natur. Das kann ratiopharm usw. nicht gebrauchen.

    Wie sollen die ihre Pillen an den Mann bringen, wenn die Menschen sich ihr Schmerzmittel, Anti-Depressiva oder gar Krebsheilmittel(ja es funktioniert!!! siehe: www.phoenixtears.ca) auf dem Balkon selber anpflanzen.

     

    Frau Merkel und Co möchten das Deutschland weiterhin Hauptexporteur für Drogen aus den legalen Chemieküchen bleibt.

     

    Dafür können auch ruhig mal ein paar harmlose Menschen für ein paar Jahre in den Knast gehen.

     

    Joker

  • D
    Desillusionator

    Legalisierung von Cannabis in Deutschland? Dann müsste Merkel ja ohne Not Politik machen und sich mit Interessengruppen anlegen.Das wird sicher nicht passieren.

  • M
    Marc

    Der Reverent hat die Bühne gestürmt? Der ist nicht von RTL, er ist "Überzeugungstäter".

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    warum ist kiffen den eine einstiegsdroge?

     

    weil es illegal ist und man zu einem dealer geht um es zu bekommen.dieser dealer tut etwas illegales und da er eh schon mit halben bein im knast steht,denkt sich so mancher:"warum nicht gleich noch ein bischen speed oder sonstwas dazu verticken?"

     

    gleichzeitig denkt sich der jugendliche:"

    die erwachsenen haben mich vorm kiffen gewarnt und haben übertrieben.warum soll ich ihnen glauben wenn es um speed oder kokain geht?"

     

    die verteufelung vom kiffen führt zur verharmlosung anderer illegaler rauschmittel.

     

    aber auch das ist nicht neu.seit 20 jahren hat sich diese diskussion kein stück weiterbewegt.dazu ist die alkohol-lobby zu mächtig

  • E
    Elfriede

    Das 2014 echt noch Menschen das lächerliche "Einstiegsdroge" Märchen wiederkäuen ist ein Armutszeugnis. Aber was soll man von weltfremden CDU "Politikern" auch anderes erwarten.

  • HD
    H. Deutlmoser

    Nach eigener Aussage hat der 48-Jährige zuletzt mit „16 oder 17 Jahren gekifft und festgestellt, dass ich mit Drogen nichts anfangen kann“.

     

    Ach so, mit Drogen kann der nix anfangen. Deswegen kann man ihm auch regelmäßig die Wirkung des Alkohols ansehen.

  • Unvergeßlich, damals, die Schwarzwaldklinik in geselliger Runde mit ein paar gepflegten Joints, was haben wir gelacht...

     

    Gebt das Hanf frei!

  • G
    gast

    wie gehts aus? war grad so spannend ;)

  • LK
    Langnas Krause

    Unbedingt gekifft werden muss eigentlich bei bestimmten Formaten des Senders RTL, etwa beim Dschungelcamp, welches sich hierdurch in ungeahnter Erfahrungstiefe darbieten dürfte.

     

    Auch wenn sie demnächst Qualifikationsspiele der Nationalmannschaft gegen so namhafte Gegner wie Gibraltar übertragen, sollte man einige Pavianhaare bereit halten, um damit eine gepflegte Tüte zu bestücken.

     

    Was war noch? Ach ja: Kiffen ist wirklich gefährlich, allerdings noch nicht nach einer Woche, und auch nicht nach einem Monat. Und die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Substanzen ist erheblich unterschiedlich, ebenso wie es die verschiedenen Konsumformen sind, sodass an sich gar nicht von "dem Kiffen" gesprochen werden kann.

     

    Einstiegsdroge? Ja, aber was anderes, nämlich Bier, Wein und Nikotin. Wer vom Kiffen zum Fixen kommt, hat mal mit Zigaretten und Alkohol angefangen, das ist aber auch schon ein uralter Hut. Und die realen Erfahrungen von Suchttherapeuthen mit Heroin legen meines Erachtens eher nahe, dass man sogar da straffrei stellen sollte, weil das andere nur Kriminelle reich macht und den Reiz mit herstellt, den das Illegale nunmal bietet.

     

    Als nächstes muss der Typ unbedingt eine Woche Hoeness spielen, aber mit echtem Pager und echtem Geld. Wenn RTL tatsächlich pro Tag 18 Mio. dafür raushaut und nach einer Woche dann Insolvenz anmeldet, glaube auch ich, dass mehr dahinter ist als die normal bekloppte gescriptete Realität.