Dirk Nowitzki führt die Mavericks zum Sieg: 103 Grad Fieber
Mit besorgniserregend hoher Temperatur führt Dirk Nowitzki die Dallas Mavericks zum Sieg über die Miami Heat. Die Finalserie ist damit wieder ausgeglichen.
BERLIN taz | Die Werte schwankten beträchtlich. Der eine Reporter hatte 101 Grad Fahrenheit ermittelt, der andere 103. Tyson Chandler wiederum wollte gar 110 gemessen haben. "Man musste ihm nur in die Augen schauen", so der Center der Dallas Mavericks, "Dirk keuchte und hustete, er konnte kaum noch sprechen."
Ob nun nur 38 oder doch gar eigentlich tödliche 43 Grad Celsius: Wie hoch die Temperatur genau war, mit der sich Dirk Nowitzki plagte, wird womöglich auf ewig ungewiss bleiben. Sicher aber ist das Ergebnis im vierten Finalspiel gegen die Miami Heat. 86:83 gewannen die Mavericks und glichen die NBA-Endspielserie zum 2:2 aus, Nowitzki erzielte fiebergeschüttelte 21 Punkte und schrieb schon wieder eine veritable Heldengeschichte.
Zum zweiten Spiel war der Würzburger wegen einer gerissenen Sehne mit einer Schiene am linken Mittelfinger angetreten, diesmal hatte er in der Nacht vor dem Spiel wegen einer Nasennebenhöhlenentzündung kaum geschlafen. Mavs-Coach Rick Carlisle nutzte deshalb jede Gelegenheit, seinen sichtlich geschwächten deutschen Vorzeigeprofi auf die Bank zu setzen, um ihm Zeit zur Erholung zu geben. Zu fruchten schien aber auch diese Strategie nichts. Nowitzki versemmelte Wurf auf Wurf, während Miami davonzog.
Neun Punkte betrug die Führung der Heat zehn Minuten vor Schluss, als sich Nowitzki noch einmal aufraffte. Zehn Punkte erzielte er in den letzten Minuten, spielte mit seinen Kollegen plötzlich eine effektive Verteidigung und umkurvte 14 Sekunden vor Schluss seinen Gegenspieler, um mit dem alles entscheidenden Korbleger abzuschließen. "Ein normaler Mensch wäre in seinem Zustand gar nicht erst aus dem Bett gekommen", staunte Kollege Chandler.
Der Sieger dieser Partie könnte die Meisterschaft klarmachen
Ob dieser "Pflichtsieg", wie ihn ein aus glasigen Augen schauender Nowitzki anschließend bezeichnete, zum entscheidenden Wendepunkt der Finalserie wird, muss sich am heutigen Donnerstag in Dallas zeigen. Der Sieger dieser Partie könnte schon am Sonntag beim sechsten Spiel, dann wieder in Miami, die Meisterschaft klarmachen.
LeBron James, Dwayne Wade und Chris Bosh allerdings dürften enttäuscht sein, dass sie überhaupt wieder ins heimische Florida reisen müssen. Die drei Superstars, die sich in Miami zusammengefunden haben, um Titel zu gewinnen, haben nun schon zum zweiten Mal in den Finals ein scheinbar bereits gewonnenes Spiel im Schlussviertel noch aus der Hand gegeben. Im zweiten Match hatten sie gar einen 15-Punkte-Vorsprung verspielt.
Miami ist jünger und athletischer
Tatsächlich ist Miami jünger und sehr viel athletischer, was sich vor allem in der Defensive bemerkbar macht. Dallas wird kaum ein unbedrängter Wurfversuch zugestanden. "Es ist unglaublich, von wo die alle angeflogen kommen", stöhnte Chandler, der wiederholte Male beim Dunkingversuch geblockt wurde. Er und seine Mitspieler versuchen das Talent des Gegners mit Erfahrung und Teamwork auszugleichen. "Wir werden garantiert nicht schneller rennen oder höher springen als diese Typen", musste auch Coach Carlisle feststellen, "deshalb müssen wir beharrlich spielen, solide und vor allem als Mannschaft."
Und wohl auf weitere Wunder hoffen. Für die dürfte dann wieder vornehmlich das "German Wunderkind" zuständig sein. Tatsächlich zog Nowitzkis heroische Leistung schon Vergleiche zum besten Basketballspieler nach sich. Michael Jordan hatte 1997 in einer Finalpartie, die als das "Influenza-Spiel" in die NBA-Geschichte eingegangen ist, trotz Grippe 38 Punkte erzielt. Darauf angesprochen gab Carlisle immerhin zu, "einige Gemeinsamkeiten" erkennen zu können. Jason Terry, der zusammen mit Nowitzki die wichtigen Punkte im letzten Viertel für Dallas erzielt hatte, aber musste lachen: "Ein Jordanismus? Wow. So weit würde ich jetzt nicht gehen. Aber dass Dirk diesen letzten Korb gemacht hat, das war der Schlüssel zum Sieg."
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