Dirk Ippen und der Springer-Verlag: Fehlende Weitsicht

Warum hat der Verleger Dirk Ippen die Recherche zu Julian Reichelt in seinen Zeitungen verhindert? Seine Antworten an die taz.

Verleger Dirk Ippen hält eine Zeitung in der Hand

Verleger Dirk Ippen Foto: Sven Hoppe/dpa

Unvorbereitet traf die Ippen-Verlagsgruppe das, was ihr eigener Verleger vergangene Woche in der Medienbranche auslöste. Monatelang hatte das hauseigene Investigativ-Team zu Vorwürfen gegen Bild-Chef Julian Reichelt recherchiert. Am vergangenen Sonntag sollte die Recherche erscheinen. Doch im letzten Moment stoppte Dirk Ippen die Veröffentlichung.

Was hat den Verleger zu seiner Entscheidung bewogen?

Die taz konnte Ippen per E-Mail erreichen. Er habe die Situation falsch bewertet, schreibt er. „Die ungeheuerlichen Vorgänge bei Bild hätten bei uns auch eine Erstveröffentlichung erfordert.“ Dass dies durch ihn verhindert wurde, bedauere er.

Dass die Veröffentlichung so kurzfristig platzte, überraschte das Investigativteam, denn die Recherche sei „redaktionell und juristisch über Monate abgestimmt“ gewesen. So steht es in einem Brief des Rechercheteams an Verlag und Geschäftsleitung, der seit vergangenem Sonntag in den sozialen Medien kursiert. Die Gründe für die Entscheidung, so habe man es Juliane Löffler aus dem Team begründet, seien inhaltliche Punkte gewesen, sagte sie dem NDR-Medienmagazin „Zapp“.

Angst, dass Springer sich rächen könnte?

In der Frankfurter Rundschau, in der die Recherche veröffentlicht werden sollte, empfindet man den Eingriff des Verlegers als „gravierenden Einschlag“. Um redaktionelle Unabhängigkeit wahren zu können, gilt der Grundsatz: Redaktion und Verlag sind getrennt. Aus der Redaktion hört man, man sei geschockt über den Vorfall, der als einmalig in der Geschichte der FR beschrieben wird. Worte wie „Trauma“ sollen in diesem Zusammenhang in der Redak­tionskonferenz gefallen sein.

Mittlerweile hat Ippen-Digital-Chefredakteur Markus Knall in der Frankfurter Rundschau um Entschuldigung gebeten. Er bedauere zutiefst, das Ver­sprechen, das man den betroffenen Frauen gemacht habe, nicht eingelöst zu haben.

Zur Begründung, warum sich die Ippen-Verleger entschieden hätten, die Recherche zu verhindern, schreibt Ippen, es sei immer sein Bestreben gewesen, auch mit der Konkurrenz respektvoll umzugehen. Das ist angesichts der Größe des Milliardenkonzerns Springer und der Größe des Regionalzeitungsverlags Ippen eine kühne Behauptung. Die Wahrheit dürfte in der Umkehr des Arguments liegen: Ippen hatte keine Angst, einem Konkurrenten zu schaden – sondern Angst, dass Springer sich rächen könnte.

Unternehmer statt Verleger

Zum einen sind Ippen und Springer Geschäftspartner: In der Ippen-Druckerei der Syker Kreiszeitung wird noch bis Ende des Jahres eine Teilauflage der Bild gedruckt. Zum Anderen sind Ippen und Springer in München Konkurrenten. Dort erscheinen Ippens Boulevardzeitung tz und die Bild. Springer mit seiner Macht könnte einiges daransetzen, den Konkurrenten kleinzumachen: die München-Ausgabe der Bild billiger machen, zum Beispiel, wie man es in Köln gegenüber dem Konkurrenten Express gemacht hatte.

Dirk Ippen handelte demnach wie ein Lokalunternehmer und nicht wie ein Verleger mit Weitsicht, der die Tragweite einer solchen Entscheidung versteht. So hört man es auch aus dem Verlagsumfeld – Ippen hätte die Dimensionen nicht abschätzen können.

Das Bild fügt sich, wenn man nachvollzieht, welches Presseverständnis der Verleger vertritt. „Es ist nicht gut, wenn eine Redaktion über die andere schreibt, ein sogenannter Pressekrieg“, schreibt Ippen in seiner Mail an die taz. Missstände sollen aufgedeckt werden, aber bloß nicht in der eigenen Branche.

Wie kann es nach diesem Vertrauensbruch, wie es das Rechercheteam bezeichnet, weiter­gehen? Investigativchef Daniel Drepper wollte auf Anfrage der taz nichts dazu sagen. Ippen selbst hofft, „dass es trotzdem zu einer guten Zusammenarbeit mit dem Team kommen wird und Vertrauen von beiden Seiten aufgebaut werden kann“.

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