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Diplomatische Offensive

■ Boris Jelzin will in Minsk beweisen: Integration ist auch friedlich möglich

Warschau/Minsk (taz) – „Die Parlamente von Weißrußland, der Ukraine und Rußland sollten sich treffen und die Auflösung der Sowjetunion für ungültig erklären.“ So hatte Alexander Lukaschenko vor seiner Wahl zum weißrussischen Präsidenten im vergangenen Sommer getönt – und damit selbst den als hoffnungslos moskauhörig geltenden Premierminister Kebitsch übertroffen. Doch seit Lukaschenko die Wahlen gewonnen hat, ist von der Aufgabe der weißrussischen Unabhängigkeit nicht mehr die Rede. Selbst die Pläne für eine Währungsunion mit dem großen Nachbarn sind inzwischen zu den Akten gelegt worden, da die russische Nationalbank darauf bestand, das alleinige Emissionsrecht für den Rubel zu behalten. Dies hätte die Minsker Nationalbank zu einer Filiale der russischen degradiert. Statt dessen bereitet sie nun die Abschaffung der provisorischen Cupons und die Einführung einer eigenen Währung vor.

All dies bedeutet nun aber keineswegs, daß sich Lukaschenko und die postsowjetische Führungselite des Landes plötzlich in weißrussische Nationalisten verwandelt hätten; nach wie vor halten sie die aufgelöste UdSSR für ihr Heimatland, ihre Muttersprache ist Russisch, und der Jahrestag der Oktoberrevolution ist ihnen allemal näher als wichtige Daten der weißrussischen Nationalgeschichte. Doch in den drei Jahren Unabhängigkeit hat auch Minsk seine eigene Bürokratie aufgebaut, und die würde bei einer Vereinigung mit Rußland einiges an Einfluß verlieren.

So kommt es, daß Moskau inzwischen mehr Interesse an einer engen Bindung mit Weißrußland zeigt als Minsk. In diesem Jahr ist mit Boris Jelzin, der gestern in Minsk eintraf, nun schon der vierte hochrangige Politiker zu Besuch. Allein Vizepremier Bolschakow unterzeichnete acht Verträge, die meisten über militärische Zusammenarbeit. Jelzin soll mit Lukaschenko einen Grundlagenvertrag über „gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit“ abschließen. In Minsk gilt die außenpolitische Offensive Rußlands als Versuch, „die Katerstimmung nach Tschetschenien zu bekämpfen und zu beweisen, daß Integration auch friedlich verlaufen kann“. Tatsächlich hat Moskau seine Integrationsbemühungen mit Minsk und Kiew nach der Intervention in Tschetschenien verstärkt. Dies geht so weit, daß sich Moskau vor der Paraphierung des Nachbarschaftsvertrags mit der Ukraine Anfang Februar zu weitgehenden Zugeständnissen bereiterklärte. Ähnliches wird nun auch in Minsk erwartet. Klaus Bachmann

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