Diplomatie mit Russland: Ja, die Wurst ist wohl da
Als deutsche Regierungschefin meidet Angela Merkel spürbar weitere Eskalationen mit Wladimir Putin. Für sie bleibt eher die Rolle der großen Schwester.
2014, beim Gipfel im australischen Brisbane, hatte es hässliche Fotos gegeben, auf denen Wladimir Putin bei einem Barbecue der Staatschefs einsam vor seinem Teller saß. Die vermeintliche Botschaft: Mit dem Krim-Kriegsherrn wollen Obama und Merkel nicht mal essen. Das Ergebnis: Putin reiste vorzeitig ab. Seine Begründung: Er habe zu arbeiten.
Diesmal muss es besser laufen, zu viel steht in Hamburg auf dem Spiel. Schließlich wird Wladimir Putin zum ersten Mal seit dessen Amtsantritt US-Präsident Donald Trump treffen. „Am Rande“, wie es heißt. Aber die Begegnung zwischen den beiden Politikern, die bisher ausschließlich telefoniert hatten, hat höchste strategische Priorität. Das Verhältnis zwischen den beiden Supermächten Russland und den USA ist angespannt.
Für Angela Merkel bleibt da eher die Rolle der großen Schwester. Oder, wie es der linke Außenpolitiker Stefan Liebich formuliert: „Es wäre wichtig, dass Angela Merkel auf Donald Trump und Wladimir Putin einwirkt, damit sie die globale Rolle, die sie haben, verantwortungsbewusst ausfüllen.“
Es kommt auf Details an
Erstaunlich ist, wie sich Putins Status dadurch verändert hat, dass das größere politische Problem inzwischen Donald Trump heißt. Ob in der Syrien-Frage, wo Russland als Schutzmacht von Syriens Präsident Assad agiert, oder beim Ukraine-Konflikt – überall lähmt die US-Administration bislang weitere Schritte. Niemand bewegt sich, weil alle auf Trump warten.
Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.
Für Putin wäre vor allem die Aufhebung der von den USA und der EU verhängten Sanktionen gegen sein Land wichtig. Seit 2014 werden diese einfach immer weiter verlängert. Und weil sowohl er als auch die Europäische Union Einreisesperren gegen unliebsame Politik- und WirtschaftsvertreterInnen verhängt haben, gibt es auch keine Treffen, bei denen man ins Gespräch kommen könnte. Das hat Konsequenzen auch für die deutsche Wirtschaft: Wegen der Sanktionen sind vor allem ostdeutschen Unternehmen die Russland-Aufträge weggebrochen.
Als deutsche Regierungschefin vermeidet Angela Merkel spürbar weitere Eskalationen. Wohl auch als Vorbereitung auf den G20-Gipfel hat sie erst im Mai Wladimir Putin in Sotschi getroffen. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz bemühte sie sich, Gemeinsamkeiten zwischen Berlin und Moskau herauszuarbeiten. Putin revanchierte sich mit einer provokanten Schimpfkanonade gegen die verfeindete Ukraine. In Hamburg kommt es jetzt auf jedes Detail an.
Vielleicht gibt es Fischbrötchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste