Digitale Spiele im taz-Test (6): „Fuck die Henne!“

Einmal im Monat treffen sich taz-Mitarbeiter und Gäste zum Daddeln an der Konsole. Diesmal: Nichts als Sport an einem besonderen Ort.

Das wird nichts: Szene aus „Summer Athletics 2009“ Bild: dtp

3 Konsolen, 4 Spiele, 5 Leute. Neue Spiele, alte Spiele, nur Laien am Werk – die taz-Runde „Digital Spielen“ trifft sich zum sechsten Mal. Doch diesmal ist alles anders. Acht Leute spielen drei Spiele auf drei Konsolen: „2K Sports - Topspin 4“, „Fifa Street“ und „Summer Athletics 2009“.

Dabei sind: Jelle von Gierke, Rainer Mehltreter, Thomas Becker, Sophie Renner, David Stephan, Ronja Krischke, Jakob Deutschmann und Sigi Renner – allesamt Mitarbeiter im taz-Café. Und genau dort, wo sonst nur gegessen und gesessen wird, wird auch gespielt.

1.Spiel: „2K Sports – Topspin 4“, Tennisspiel, 2k 2011, Klassiker, Playstation 3

Thomas Becker fängt an und wählt als Spielfigur Boris Becker. Gegner: Andre Agassi. 1. Ball, Rückhand verwandelt. Dann aber: Die Playstation erkennt den Controller nicht mehr, der Bildschirm wird grau, großes Gejohle und irres Gewühle nach einem Kabel. Andre Agassi gewinnt das Spiel, das Kabel wird gefunden. Neustart im Tie-Break, 0:1 Agassi, 0:2. Becker setzt sich erstmal hin. Gleich geht's besser: 1.2, 2:2. Plötzlich Spielball Becker – nichts ist, Ausgleich. „Boris ist ne lahme Sau“, kommentiert Thomas. Nächster Spielball. Sitzt.

Nun am Controller: Sophie Renner. Sie spielt in Rom mit Nadal gegen Federer, sonnig, 28 Grad. Nadal gibt wegen Untätigkeit die ersten beiden Punkte ab. Beim dritten kommt ein schöner Return. „Bamm“, sagt Sophie. Thomas hilft – „wegen der Auge-Körper-Koordination“. Bringt nichts. Sophie verliert den Tie-Break zu Null. Jakob Deutschmann übernimmt. Björn Borg gegen Michael Chang. Jakob spielt so, als hätte er nie was Anderes gemacht: 4:3 für Borg, 5:3. Chang kommt noch mal auf 6:4 ran. Matchball Borg. Ein Ass. Alle sind begeistert.

Roger Federer ist nur so gut, wie der Mensch der ihn spielt: Szene aus „2K Sports – Topspin 4“ Bild: 2k

Rainer Mehltreter als Ivan Lendl. Gegner: Nadal. Der führt schnell 3:0. Nächster Aufschlag. Rainer überlegt lange, schlägt auf, 4:0. Zweimal mittige Rückhand Lendl, dann packt Nadal einen Vorhandhammer aus und macht kurzen Prozess. Die Runde redet übers Kaffeetrinken. Sigi Renner mäkelt: „Dat is ein Manko, dass es Steffi Graf nicht gibt.“ Jelle von Gierke als Roger Federer, diesmal heißt der Gegner Djokovic. Schnell steht es 3:0 – für Djokovic. Jelle hat's nun raus, vor allem den Rückhand-Slice. Nur ein kurzes Hoch. Djokovic zieht auf 6:2 davon, dann ist es vorbei, Fazit: „Die Sau läuft in die falsche Richtung“.

David Stephan als Andy Murray. Keiner wählt Spielerinnnen. „Die sind auch nicht so gut“, flüstert David. Schnell gewinnt Murray die ersten beiden Punkte. Nadal kommt ran und geht 6:5 in Führung. Matchball. Das war's. Sigi Renner übernimmt und spielt Serena Williams gegen Jim Courier. „Ich bin total aufgeregt, ich muss gegen 'nen Mann spielen“. Courier scheucht Williams hin und her. Sechs Matchbälle für Courier, der erste sitzt schon – „fuck die Henne!“ Am Nebentisch wird gehäkelt, sportliche Leidenschaft sieht anders aus. Zum Schluss Ronja Krischke als Eugenie Bouchard gegen Ana Ivanovic, Bermuda Stadium. Im Hintergrund plätschert ein Wasserfall, 0:3, Ronja: „Die macht nichts“, 0:6, nun aber. Nichts ist, 0:7.

Das sagt die Zielgruppe: „Und das alles ohne Schnaps.“ (Thomas Becker)

Das sagen die anderen: „Wenn ich schöne Männer seh, kann ich nichts mehr machen.“ (Sigi Renner)

2. Spiel: „Fifa Street", Straßen- und Hallenfußball, EA 2009, Klassiker, Xbox

Vom gepflegten Tennis zum Hallenfußball, Thomas Becker fordert Union Berlin, kriegt aber nur den HSV. Gegner Werder Bremen ist besser, hat mehr Ballbesitz, „das liegt am HSV, nicht an mir“. In der letzten Sekunde der 1. Halbzeit fällt das 1:0 für Werder. Großchance für den HSV, Jelle ruft: „Fast wie Özil“. Ausgleich, Tor von Ilicevic! Es sieht nach Unentschieden aus. Golden Goal, das nächste Tor entscheidet. Keine Hooligans im taz-Café, gespannte Ruhe, hier und da ein „oh“, „ah“, „und zack!“ Schon sieben Minuten läuft die Verlängerung; die Zuschauer werden unruhig: „Total langweilig!“ Spielabbruch.

Jakob will Hertha spielen, gegen Bayern. Ebert trifft nach zwei Minuten zum 1:0, 30 Sekunden später trifft Raffael, der auch schon lange nicht mehr für Hertha spielt, zum 2:0, Ramos kurz darauf zum 3:0. Wird Guardiolas Schicksal in einer müffelnden Turnhalle entschieden? Robben schießt neben das leere Tor, Herthas Torhüter langweilt sich und greift einfach an. Super erste Halbzeit. Nun sind die Bayern besser im Spiel. Ribéry dreht auf, obwohl er wie Bayerns Ersatztorhüter Tom Starke aussieht. Hertha eiskalt, Ebert, 4:0.

Im Verein stets besser als in der Nationalmannschaft: Lionel Messi. Szene aus „Fifa Street“ Bild: ea sports

David will auch noch: Er wählt die argentinische Nationalelf und spielt gegen Brasilien. Maicon bringt die Selecao nach 10 Sekunden in Führung. Es folgt viel Geplänkel im Mittelfeld auf einem blankgescheuerten Hallenfußboden. Mascherano dribbelt, eiert rum. Pause. Nichts zu sehen von Neymar und Messi. Kurz nach dem Seitenwechsel Aguero am 7-Meter-Raum, schöne Drehung, voll getroffen – drin. Es folgt Mascherano mit einem schönen Solo, ein angetäuschter Übersteiger, trockener platzierter Schuss – drin. Danach darf Pastore auch mal: 3:1.

Das sagt die Zielgruppe: „Ich bin jetzt nicht so der Bayern-Fan.“ (Jakob Deutschmann)

Das sagen die anderen: „Die Musik ist scheiße.“ (Alle)

3. Spiel: „Summer Athletics 2009“, Leichtathletik, DTP 2009, Klassiker, Wii

Zehnkampf, 1. Disziplin, Sprint, Sophie: „Da ist ein Affe!“ Der Zehnkämpfer heißt dann aber doch Adam Orkson und ist Australier, der Affe animiert nur zum Anfeuern. Schon kommt Stimmung auf. Ronja bleibt im Startblock hocken. Nochmal. Schlechter Start, dann aber: Erster mit 11:05 Sekunden. Goldmedaille nach nur einer Disziplin. Weitsprung, „kann ich“, sagt Rainer und tritt an. Fehlversuch, übergetreten. 2. Versuch: 6,83 Meter. Jubel und Geschrei. Rhythmischer Beifall. Ungültig.

Nur eine Sache der Tastenkombination: Szene aus „Summer Athletics 2009“ Bild: dtp

Kugelstoßen, „Jakob?“ – „Ich muss erstmal Hände waschen!“ – „Nimm lieber Magnesium“. Jakob stößt 7 Meter 42, dann 8,75, dritter Versuch 7,02. Das war nichts, zurückgefallen von Platz 1 auf 3. Hochsprung: Minutenlang Trockenübungen, dann drei Fehlversuche. Abgerutscht von Rang 3 auf 8. 400 Meter, Sigi am Start, irres Tempo, es wird laut und lauter, 44:77 Sekunden. Nur eine Sekunde überm Weltrekord. Von Platz 8 auf 5, nun 110 Meter Hürden. Sophie ist dran, bleibt zu lange hocken. Zeit 21:81, von 5 auf 6. „Wer will Diskusrwerfen?“

Thomas. Mit Kippe. Übt schwungvoll, nicht nur Arm-, auch Hüfttechniken. 1. Versuch: übergetreten. 2. Versuch: ebenso. 3. Versuch: 16,98. Thomas: „Der Diskuswerfer war keiner von Union“. Abgerutscht von 6 auf 8. Stabhochsprung: Das Publikum geht mit. Drei Fehlversuche. Von Platz 8 auf 8. Speerwerfen. Erstmal Anleitung lesen. Erster Versuch: 43,17. Neuer Versuch: 55,75. Schließlich 63 Meter. Wir bleiben auf Platz 8. Es wird immer noch gehäkelt.

Finale Disziplin: 1.500-Meter-Lauf, Jelle am Controller. Wir hängen uns ans Ende des Feldes und fallen immer weiter zurück. „1100 Meter, der Junge kann nicht mehr.“ Wir sind weit, weit abgeschlagen. Irgendwie klappt gar nichts. Wir laufen längst unser eigenes Rennen. Platz 8 von 8. Aber der olympische Gedanke zählt. Übergang zum freien Wettbewerb.

Das sagt die Zielgruppe: „Du musst eins sein mit dem Speer, dem Controller.“ (Thomas Becker)

Das sagen die anderen: „Nicht überrunden lassen.“ (Jelle von Gierke)

Protokoll: Jan Scheper, Maik Söhler

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